12 Trauerreden https://www.elohim.io/index.php/ de Sisyphus https://www.elohim.io/index.php/content/sisyphus <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Sisyphus</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,<br /> liebe Angehörigen und Freunde<br /> der Verstorbenen NN</p> <p>Wir sind hier zusammengekommen, um drei Dinge miteinander zu bearbeiten:</p> <ul><li>Krankheit und Tod des Verstorbenen sind die letzten starken Eindrücke, welche mit ihrer negativen Wucht Ihr jetziges Denken und Leben beherrschen. Das muss bearbeitet werden damit es in Ihnen zur Ruhe kommen kann.</li> <li>Zweitens brauchen Sie den Verstorbenen und seine Geschichte für Ihre Zukunft. Deshalb müssen wir sie so aufbereiten, dass sie zukunftsfähig wird.</li> <li>Und schließlich müssen wir auch von dem körperlichen Leben des Verstorbenen endgültigen Abschied nehmen.</li> </ul><p> <strong>Teil 1: Hilfe für die Hinterbliebenen</strong></p> <p>Den eigenen Tod stirbt man nur, heißt es, aber mit dem Tod des andern muss man leben.</p> <p>Wir sind uns einig darüber, dass genau dieses Weiterleben nach dem Tod des anderen die schwerere Aufgabe ist.</p> <ul><li>Diese unsere Aufgabe ist durchaus mit der Aufgabe des alten griechischen Helden Sisyphus zu vergleichen.</li> <li>Diese Aufgabe ist aber auch zugleich ein Schlüssel für das Leben des Verstorbenen.</li> </ul><p> Es gibt in der alten griechischen Mythologie die kurze Geschichte von dem Sisyphus, der den Tod gefesselt hatte und zur Strafe deshalb immer wieder einen Felsbrocken auf die Spitze  eines hohen Berges hinaufbringen musste  um oben zu erfahren, dass er sofort wieder herunter fällt, sobald er dort angelangt ist.</p> <p>Diese Geschichte ist sehr zutreffend für Sie,</p> <ul><li>einerseits als Lebensdeutung für den Verstorbenen,</li> <li>und andererseits für uns alle, die wir den Tod in unserem Leben zur Zeit entmachtet haben.</li> </ul><p>Unser Leben erscheint uns oft wie die Aufgabe des Sisyphus, wie mühen uns unser Leben lang ab und am Ende winkt uns der Tod. Hat das alles überhaupt noch Sinn?<br /> Nein, natürlich nicht. Das Leben ist grundsätzlich sinnlos. Erst wir geben ihm Sinn. Der kann sich sogar von Lebensabschnitt zu Lebensabschnitt verändern.</p> <p>Aber welches ist die Alternative? Die Alternative dazu ist nach der Sage - und unserer täglichen Erfahrung - der Tod.</p> <p>Die Sage erzählt uns, dass wir entweder den Tod gefesselt haben – dann müssen wir die Aufgabe des Sisyphus erfüllen oder der Tod wird frei – wie im Falle unseres Verstorbenen, dann zwingt uns niemand und nichts mehr zu dieser Sisyphusaufgabe.</p> <p>Diese Alternative jedoch wollen wir nicht. Wir wollen weiterleben. Das heißt, uns bleibt keine Wahl, die Aufgabe des Sisyphus ist unsere Aufgabe.</p> <p>Diese Aufgabe lässt sich nur im Detail lösen.</p> <p>Genau wie der Sisyphus immer ganz genau hingucken musste, wo und wie er den Felsbrocken wieder ein Stück aufwärts bekommt, genau so besteht der Sinn unseres Lebens darin, dass wir jede kleine Chance, die das Leben uns gibt, wahrnehmen und ausnutzen. Dass wir genau hingucken, dass wir Wahrnehmung lernen.</p> <p>Im Zen-Buddhismus ist Wahrnehmung die größte und entscheidende Aufgabe des Schülers. Wer ein Meister in der Wahrnehmung ist, wird im Zen überall als Meister anerkannt.</p> <p>In solchen Verlustsituationen, die jeder Tod mit sich bringt, schaltet die Biologie in uns erst einmal die Wahrnehmung auf ein überlebenswichtiges, reduziertes und nur notwendiges Maß herunter.</p> <p>Beispiel:<br /> Viele Menschen gehen z.B. von einer Trauerfeier wieder nach Hause und unterhalten sich dann darüber. Immer wieder sagt der eine oder der andere dann: „Nein, das habe ich überhaupt nicht gesehen. So ist das gewesen? Das habe ich gar nicht mitgekriegt!“</p> <p>Der Sisyphus in unserer Geschichte muss ganz sorgfältig wahrnehmen. Er muss jede Ecke und Kante wahrnehmen und überlegen, wie er den Felsbrocken - ein bisschen links oder ein bisschen rechts - leichter voran – aufwärts - bekommt.</p> <p>Die Betäubung, die ein Tod mit sich bringt, zu überwinden, ist unsere erste und wichtigste Aufgabe. Wir müssen wach werden, wahrnehmen.</p> <p>Das Nächste, was wir bei Sisyphus lernen ist, dass wir einfach nur das tun, was anliegt.<br /> Wir versorgen unseren Haushalt, unsere Einkäufe, unsere Besorgungen und unsere Arbeit. Wir konzentrieren uns darauf.</p> <p>Natürlich hängen unsere Glieder wie Blei an unserem Leib und jede Bewegung kostet uns Überwindung.</p> <p>Aber wenn wir uns überwunden haben und das Notwendige, das Nützliche und das Wichtige getan haben, erfüllt uns ein stilles Gefühl der Zufriedenheit. Wir haben etwas bewirkt. Wir haben etwas getan. Wir haben wieder eingegriffen in den Lauf der Welt und sind aus der passiven Opferrolle heraus gekommen. Wir haben etwas getan und bewirkt.</p> <p>Natürlich sind wir auch weiterhin schwermütig und alles das bewirkt keine Wunder. Aber wir haben uns in das weiterfließende Leben eingeklinkt, wir machen wieder mit und der Fluss des Lebens umspült uns wieder.</p> <p>Drittens lernen wir bei Sisyphus, dass wir zwischen den tiefen gefühlsmäßigen Abstürzen im Laufe der Zeit mal wieder kurzfristig lachen können und dass es Augenblicke gibt, in denen wir nicht an die Sinnlosigkeit der ganzen Lebensveranstaltung denken müssen. Es gibt Momente, in denen die vergehende Schönheit des Lebens, die ganze Pracht der Vergänglichkeit und das Entzücken an den viel zu schnell vergehenden glücklichen Situationen des Lebens, uns gefangen nimmt. Das können und sollen wir genießen.</p> <p>Auch bei der stets vergeblichen Aufgabe des Sisyphus gab es Augenblicke der Erleichterung und auch schon mal so etwas wie Freude. Er blickte zurück und sah, was er schon geschafft hatte. Dabei war der letzte Meter schon wieder ein schöner Erfolg.</p> <p>So geht es uns auch. Wenige Male am Tag überkommt uns schon mal ein – wenn auch nur vorübergehendes - positives Gefühl.</p> <p>Das ist kein Verrat an der düsteren Wahrheit des Lebens. Wir müssen deshalb kein schlechtes Gewissen haben.</p> <p>Ohne ein positives Lebensgefühl kann man nicht leben.</p> <p>Zu dieser Aufgabe des Lebens gehört, dass wir unser Tagewerk so vollbringen, dass wir es am nächsten Tag auch noch tun können.  Das geht aber nur, wenn unser Tagewerk uns zufrieden macht, wenn es für uns Erfüllung sein kann, kurz ein gutes Leben ist.</p> <p>Sisyphus ist in uns allen. Die Götter haben irgendwann den Tod wieder befreit. Solange der Tod in unserem Leben gebunden und gefesselt ist, kommen wir an Sisyphus Aufgabe nicht herum. In N.N. Leben ist der Tod wieder befreit. Er muss Sisyphus Aufgabe nicht mehr erfüllen.</p> <p>Wir aber wollen die schwere Last noch ein kleines Stück weiter nach oben schieben. Wir geben nicht auf. Wir machen aus allem das Beste. Wir sind unverbesserliche Positivisten. Wir gewinnen allem eine positive Seite ab; denn das brauchen wir für unser Leben wie das tägliche Brot und um unsere Sisyphusaufgabe zu erfüllen.</p> <p>Die Sisyphusaufgabe des Verstorbenen wollen wir jetzt ganz konkret anhand seiner Lebensdaten und Ihrer Erinnerungen ansehen:</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Wir haben das Leben des Verstorbenen mit seinen vielen Leiderfahrungen eingegliedert und plausibel gemacht mit Hilfe der uralten griechischen Sage von Sisyphus.</p> <p>Wir haben im Detail festgestellt, dass dieses überzeitliche Bild durchaus in vielen Teilen auf das Leben des Verstorbenen zutrifft und wir übernehmen seinen Mut und seine Unermüdlichkeit auch in unsere vielen vergeblichen Bemühungen und machen deshalb einfach weiter.</p> <p>Wir geben nicht auf, weder uns selbst noch andere. Die Solidarität des Lebens gegen den Tod verlangt das von uns.<br /> Dennoch beschließen wir, dass alles was mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zusammenhängt, so in Ordnung ist.</p> <p>Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern – die uns zum Handeln auffordert - heißt dazu so oder ähnlich:</p> <p>Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Während Sie das bei sich selbst bedenken und beschließen, werde ich dem Verstorbenen einen Text von Nikolaus Lenau widmen:</p> <div><em>Blick in den Strom</em> <p><em>Sahst du ein Glück vorübergehn,</em><br /><em>das nie sich wiederfindet, </em><br /><em>ist`s gut in einen Strom zu sehn,</em><br /><em>wo alles wogt und schwindet.</em></p> <p><em>Oh, starre nur hinein, hinein,</em><br /><em>du wirst es leichter missen,</em><br /><em>was dir, und soll`s dein Liebstes sein,</em><br /><em>vom Herzen ward gerissen.</em></p> <p><em>Blick unverwandt hinab zum Fluss,</em><br /><em>bis deine Tränen fallen,</em><br /><em>und sieh durch ihren warmen Guss</em><br /><em>die Flut hinunter wallen.</em></p> <p><em>Hinträumend wird Vergessenheit</em><br /><em>Des Herzens Wunde schließen;</em><br /><em>Die Seele sieht mit ihrem Leid</em><br /><em>Sich selbst vorüber fließen.</em></p></div> <p> Nachdem wir nun unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn – wenn auch nur für kurze Zeit - unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p> </p> <p><strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 02:01</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Thu, 01 Oct 2015 00:01:52 +0000 admin 36 at https://www.elohim.io Hoffnung https://www.elohim.io/index.php/content/hoffnung <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Hoffnung</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,</p> <p>liebe Angehörigen und Freunde</p> <p>der Verstorbenen NN</p> <p>Wir sind hier zusammen gekommen um von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen und seiner noch einmal gemeinsam würdigend zu gedenken.</p> <p>In Trauerfeiern wird viel von Hoffnung gesprochen. Heute möchte ich das auch tun.</p> <p>Dabei bin ich mir natürlich bewusst, dass das Thema Hoffnung speziell im Zusammenhang mit Sterben und Tod das meist strapazierte Thema überhaupt ist.</p> <p>Gibt es nicht im Gefolge der bahnbrechenden Arbeiten des Philosophen Ernst Bloch mit seinem Buch: Das Prinzip Hoffnung (1954 –1959) und des Theologen Jürgen Moltmann mit seinem Werk: Theologie der Hoffnung (1964) eine Unzahl von Lebenshilfen, die uns in allen Variationen das Thema Hoffnung anbieten?</p> <p>Signalisiert dieses überreiche Angebot nicht auch eine heftige Nachfrage; denn sonst würden diese Angebote doch gar nicht gemacht?</p> <p>Die Nachfrage rührt her von allen jenen Menschen, die sich in ihrer Lebensbewältigung – besonders in Krisensituationen - auf sich selbst gestellt fühlen.</p> <p>Jene Menschen, die das Erwachsensein ernst nehmen und die Verantwortung für ihr Leben akzeptiert haben?</p> <p>Der Verlust von Traditionen, Konventionen und Religionen, welche das frühere Leben bis in den Alltag hinein geregelt haben und die Menschen im Stadium kindlicher Abhängigkeit gehalten haben, macht sich deutlich bemerkbar in der Suche nach Gründen für die Hoffnung.</p> <p>Die Möglichkeiten dieser kollektiver Hoffnungen, welche aus den kindlichen Abhängigkeiten erwuchsen, sind in den Feuern der Weltkriege für immer verbrannt.</p> <p>Und das ist gut so; denn wenn die Grundausstattung des menschlichen Lebens: Glauben, Hoffnung und Liebe, zu einem allgemeinen Programm wird, dann wird die lebenserhaltende Kraft der Hoffnung zunächst verwässert und schließlich auch vernichtet. Hoffnung ist immer und ausschließlich eine ganz individuelle, also eine persönliche Angelegenheit.</p> <p>Wo finde ich jedoch die Hoffnung individuell für mich?</p> <ul><li>Zunächst: Hoffnung hat eine existentielle Qualität. Man kann sie weder lehren noch lernen.</li> </ul><p>Diese individuelle existentielle Qualität der Hoffnung wird in unserem Sprachgebrauch sehr schön deutlich: Wir sagen schon mal: „Es gibt für ihn/sie keine Hoffnung mehr.“ Das bedeutete im Klartext: Dieser einzelne und individuelle Mensch wird sterben.</p> <p>Hoffnung und Leben sind voneinander nicht zu trennen. Leben kann nur existieren, wenn Hoffnung da ist. Hoffnung ist wie das eigene Leben, deshalb ausschließlich eine individuelle Qualität. Hoffnung ist das Leben und das Leben ist Hoffnung.</p> <ul><li>Sodann: Hoffnung ist vorweggenommenes Leben über die Gegenwart hinaus, also für den kommenden Augenblick, der noch nicht eingetreten ist.</li> </ul><p>Die Erinnerung mit ihrem Schwerpunkt: Liebe ist unser Leben in der Vergangenheit und die Prägung daraus. Der Glaube ist unser Lebensvollzug in der Gegenwart und die Begründung für die Metamorphose, die sich in der Gegenwart vollzieht und die Hoffnung ist unser Leben über den gegenwärtigen Augenblick hinaus.</p> <p>Die Gegenwart ist zugleich immer die Metamorphose  der  Vergangenheit   (Verwandlung, Umgestaltung, Umwandlung, usw.) in die Zukunft hinein.</p> <p>Es ist die ständig neue Aufgabe, welche uns die Gegenwart stellt, dass wir die Vergangenheit so bearbeiten und damit auch verändern, dass sie zukunftsfähig wird. Für die Zukunft brauchen wir die Vergangenheit. Ohne Vergangenheit kann es keine Zukunft geben.</p> <ul><li>Und schließlich schöpft die Hoffnung ihre Begründung aus der Vergangenheit.</li> </ul><p>Weil die Zukunft erst eintritt, also noch nicht eingetreten ist, bedarf sie einer Begründung. Das Bauwerk der Zukunft braucht ein Fundament, wenn es kein Luftschloss werden soll.</p> <p>Deshalb braucht Hoffnung eine Begründung. Diese Grundlage oder Begründung, also den Grund für Hoffnung, liefert die Vergangenheit.</p> <p>Der Blick zurück – also die Erinnerung – zeigt als geschehene Wirklichkeit, als unumstößliches Faktum, dass das Leben auch trotz schwerster Krisen sich im Leben des Verstorbenen immer positiv und lösungsorientiert durchgesetzt hat.</p> <p>Ihre Vergangenheit mit dem Verstorbenen ist auch deshalb der Grundstein für Ihre Zukunft. Das Leben in der Zukunft und für die Zukunft nennen wir Hoffnung.</p> <p>Als ich das Leben des Verstorbenen am Schreibtisch durchdachte mit den Informationen, die ich von Ihnen bekommen habe, leuchtete die Überschrift: „Hoffnung“ durch sein ganzes Leben.</p> <p>Diese Hoffnung strahlte in seine Umgebung und in die Gesellschaft zurück. Auch wenn die Hoffnung die Zukunft des Individuums ist, sie strahlt in die Gemeinschaft hinein und nimmt sie mit in ein gutes Morgen.</p> <p>Dieses Leben der Hoffnung, am Beispiel des Verstorbenen, wollen wir nun genauer betrachten...</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Wir haben gemeinsam darüber nachgedacht, was in dieser Abschiedssituation aus der Vergangenheit in die Zukunft hinein leuchtet und uns als Lebensgrundlage der Hoffnung dient.</p> <p>Wir haben diese Hoffnung aus dem Leben des Verstorbenen begründet.</p> <p>Jetzt steht die Entscheidung an, es auch so zu tun. Der Unterschied zwischen Reden und Tun liegt im Tun.</p> <p>Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern – die uns zum Handeln auffordert - heißt dazu so oder ähnlich:</p> <p>Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während Sie das bei sich selbst bedenken und beschließen, werde ich dem Verstorbenen einen Text aus den Gedichten von Katrin Wypior (08.10.1997, 16 Jahre alt)  widmen:</p> <p><em>Time to say goodbye</em></p> <p><em>Es ist erloschen, das Feuer,</em><br /><em>das Feuer des Lebens,</em><br /><em>das Feuer des Glücks,</em><br /><em>das Feuer der Liebe,</em><br /><em>das Feuer aller Trauer</em></p> <p><em>Es ist ausgebrannt, ein Feuer,</em><br /><em>ein Feuer in unseren Herzen,</em><br /><em>ein Feuer in der Welt,</em><br /><em>ein Feuer zwischen Freunden,</em><br /><em>ein Feuer, das uns gewärmt hat.</em></p> <p><em>Übrig bleibt nur ein Funke,</em><br /><em>der Funke der Liebe zu uns und von uns,</em><br /><em>der Funke, der nie erlöschen kann,</em><br /><em>der Funke, der voller Hoffnung glüht,</em><br /><em>der Funke, der Dich uns immer erhalten wird.</em></p> <p><em>Wir nehmen Abschied von jemanden,</em><br /><em>von jemanden,</em><br /><em>der ein Stück unserer Vergangenheit ist,</em><br /><em>von jemanden,</em><br /><em>der uns beim Erbauen unserer Welt geholfen hat,</em><br /><em>von jemanden,</em><br /><em>der an uns geglaubt hat,</em><br /><em>von jemanden,</em><br /><em>der immer ein Teil von uns bleiben wird.</em></p> <p>Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p> <strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 01:55</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 23:55:28 +0000 admin 35 at https://www.elohim.io Sascha Wagner https://www.elohim.io/index.php/content/sascha-wagner <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Sascha Wagner</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,</p> <p>liebe Angehörigen und Freunde</p> <p>der Verstorbenen NN</p> <p>Wir müssen von dem Verstorbenen Abschied nehmen und darüber nachdenken, wie man mit einem solchen Verlust durch Tod optimal umgehen kann. Die Anforderungen des Alltags hören ja nicht auf, wenn ein Mensch aus unserem engen Beziehungsbereich gestorben ist</p> <p>Im Gegenteil, sie stürmen mit erhöhtem Druck auf uns ein.</p> <p>Sascha Wagner schildert uns diese verzweifelte Situation und aus eigener Erfahrung zeigt sie uns einen Ausweg, der nicht nur schön klingt und vernünftig ist, sondern der auch hilft.</p> <p>Ich lese einen Text von Sascha Wagner, die ihr Kind durch Tod verloren hat:</p> <p><em>Über das „Stark-Sein“</em></p> <p><em>Viele Menschen sind überzeugt davon<br /> dass Stark- und Tapfer-Sein bedeutet</em><br /><em>an „etwas anderes“ zu denken</em><br /><em>nicht über die Trauer zu sprechen</em><br /><em>Aber wir wissen</em><br /><em>dass wirklich Stark- </em><br /><em>und Tapfer-Sein bedeutet</em><br /><em>an das Geschehene zu denken</em><br /><em>über das Gewesene zu sprechen</em><br /><em>bis unsere Trauer beginnt</em><br /><em>erträglich zu werden</em><br /><em>Das ist wirkliche Stärke</em><br /><em>das ist wirklicher Mut</em><br /><em>Und nur so wird</em><br /><em>Stark- und Tapfer-Sein</em><br /><em>uns zur Heilung tragen</em></p> <p>Was ist das eigentlich: „Stark- und Tapfer-Sein?“</p> <p>Sascha Wagner erzählt aus ihrer eigenen leidvollen Geschichte, dass viele Menschen in der Situation der Hinterbliebenen Stark- und Tapfer-Sein als eine Bringeschuld der Hinterbliebenen definieren.</p> <p>Es ist nicht genug, dass die Hinterbliebenen einen lieben Menschen verloren haben, sondern sie sind nun auch noch verpflichtet den anderen Menschen positiv und strahlend zu begegnen.</p> <p>Die Hinterbliebenen sollen an etwas anderes denken. Sie sollen ihren Gegenübern Lebensmut einflößen, Fröhlichkeit bewirken und deren Kraft zum Durchhalten im Lebenskampf unterstützen.</p> <p>Das ist leider auch ein Teil der unterschwelligen Botschaft in dieser Bitte: „Denk an etwas anderes, sei tapfer!“</p> <p>An was sollen die Hinterbliebenen denn denken, statt an ihren verstorbenen Menschen? An was „anderes“ sollen die Hinterbliebenen denken, damit sie ihre Stärke beweisen? Gibt es überhaupt etwas anderes, was wichtiger, größer und interessanter sein kann, als der Verstorbene und sein Leben?</p> <p>Wir wissen es instinktiv aus tiefster innerer Überzeugung, dass wir über das Geschehene nachdenken wollen und müssen, dass wir über das Gewesene immer wieder reden müssen, weil jedes Reden uns eine neue Fassette des geliebten verstorbenen Menschen sichtbar macht und bleibend in unseren Erinnerungen verankert. Und jedes Mal, wenn wir die alten Erinnerungen wiederholen, nutzt sich der innere Druck ein ganz klein wenig ab. Jedes Mal sehen wir unseren verstorbenen Menschen in einer etwas anderen Beleuchtung und jedes Mal wird die maßlose Sehnsucht nach dem verstorbenen Menschen ein ganz klein wenig stiller.</p> <p>Jedes erinnernde Gespräch ist immer auch ein Stück Rekonstruktion unseres Lebenshauses, welches uns in Zukunft beherbergen muss. Jedes Gespräch über den Verstorbenen schafft wieder ein Stück Mauer, eine Tür, ein Fenster, einen Wasserhahn und ein Stück Tapete in unserem Lebenshaus, was durch den Tod des Verstorbenen zerstört worden ist, was wir aber um unserer Zukunft willen dringend restaurieren und neu aufbauen müssen.</p> <p>Es ist ein schmerzhafter Prozess, den wir eigentlich gar nicht wollen. Aber wir haben uns entschlossen, dass das Leben Vorrang haben soll und deshalb muss die Sehnsucht nach dem, was nicht mehr sein kann, ganz langsam und stetig leiser und leiser werden und konstruktiv zu einem Baustein unserer Zukunft werden.</p> <p>Die Hinterbliebenen bringen ein maßloses Opfer für das Leben. Und ich kann gut verstehen, dass viele Menschen dieses Opfer nicht bringen wollen. Was soll dieses Leben noch ohne den geliebten Menschen?</p> <p>Wir können die Sehnsucht nach dem verstorbenen Menschen und nach dem Tod nur überwinden, wenn wir Schritt für Schritt über das Gewesene reden und immer wieder reden und über das Geschehene nachdenken. Wollen wir das Leben gewinnen, müssen wir stark sein. Dazu gehört nicht auszuweichen, zu kneifen, zu vermeiden und der Sache zu entfliehen.</p> <p>Unsere Aufgabe ist das Leben, und das funktioniert nach dem Tod eines geliebten Menschen nicht mehr von alleine oder sogar automatisch. Wir müssen uns für das Leben entscheiden. Und diese Entscheidung fällt schwer, weil der geliebte Mensch, der uns viele Male zum Sinn unseres Lebens geworden ist, nicht mehr da ist.</p> <p>Jetzt müssen wir zu unserem Leben ohne den anderen ja sagen. Das Leben, welches wir bei unserer Geburt automatisch angenommen und bejaht haben, müssen wir nun nach dem Tod unseres verstorbenen Menschen ganz bewusst wieder neu bejahen und annehmen.</p> <p>Und deshalb wollen wir jetzt auch im Sinne des Textes von Sascha Wagner über das Gewesene sprechen. Damit wollen wir unser Lebenshaus für die Zukunft rekonstruieren und fest machen. Wir wollen eintauchen in das Geschehene und daran ausprobieren, ob wir es schaffen, dankbar für die vielen schönen Erlebnisse und Erfahrungen zu werden.</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>In unserer Trauerfeier haben wir nicht „an etwas anderes gedacht“, sondern haben über „das Gewesene gesprochen“.</p> <p>Und wir erleben es in diesen Augenblicken, dass wir das alles aushalten können und wenn wir zurück blicken, dann haben wir jetzt ganz konkret erfahren, dass „darüber reden“ nicht schwerer macht, sondern „leichter“.</p> <p>Jetzt greifen wir mutig unsere letzte Aufgabe der Trauerfeier an.</p> <p>Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern heißt dazu so oder ähnlich:</p> <p>Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während Sie das bei sich selbst bedenken und beschließen, werde ich dem Verstorbenen einen Text aus den Gedichten von Erich Fried widmen:</p> <p><em>Vorübung für ein Wunder</em></p> <p><em>Vor dem leeren Baugrund</em><br /><em>Mit geschlossenen Augen warten</em><br /><em>Bis das alte Haus</em><br /><em>Wieder dasteht und offen ist</em></p> <p><em>Die stillstehende Uhr</em><br /><em>Solange ansehen</em><br /><em>Bis der Sekundenzeiger</em><br /><em>Sich wieder bewegt</em></p> <p><em>An Dich denken,</em><br /><em>Bis die Liebe<br /> zu Dir</em><br /><em>Wieder glücklich sein darf</em></p> <p><em>Das Wiedererwecken </em><br /><em>Von Toten</em><br /><em>Ist dann</em><br /><em>Ganz einfach</em></p> <p>Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p><strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 01:46</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 23:46:26 +0000 admin 34 at https://www.elohim.io Mach das Beste draus https://www.elohim.io/index.php/content/mach-das-beste-draus <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Mach das Beste draus</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,<br /> liebe Angehörigen und Freunde<br /> der Verstorbenen NN</p> <p>Wir sind hier zusammen gekommen um von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen und seiner noch einmal gemeinsam würdigend zu gedenken.</p> <p>Solch ein Satz der Orientierung ist vorweg sehr wichtig, weil die Aufgaben einer Trauerfeier z.B. in den verschiedenen Religionen ganz anders gesehen werden.</p> <p>Diese, meine Einleitung ist keine Formel, die man so sagt, sondern im konkreten Fall wird sehr deutlich, dass wir hier keinen Gottesdienst durchführen und auch keine Seele zu Gott geleiten, sondern dass wir hier Abschied nehmen und den Verstorbenen würdigen wollen.</p> <p>Wenn ein Mensch gestorben ist, ist das ja kein alltägliches Ereignis. Weil das so ist, wissen wir oft auch nicht so recht, wie wir damit umgehen sollen.</p> <p>Wie geht man mit dem Tod um? Wie verhält man sich in solcher Situation?</p> <p>Früher war das alles ganz einfach. Alles war festgelegt. Aber heute, wo jeder etwas anderes will und jeder eine andere Meinung zu der ganzen Sache hat? Kann es heute noch so etwas wie eine allgemeine und verbindliche Leitlinie oder Leitidee geben?</p> <p>Ich meine: Ja!</p> <p>Als moderne Menschen – eingebettet in diesen historisch einmaligen Prozess des „anything goes“, wie es der Wissenschaftstheoretiker Paul Feyerabend erarbeitet hat - wissen wir, wir können auf nichts zurückgreifen, als auf uns selbst.</p> <p>Und dabei wird von uns immer nur das Eine gefordert:<br /> Mach das Beste draus!</p> <p>Ist das trivial oder lohnt es sich darüber nachzudenken?</p> <p>Ich denke, diese Aufgabe ist viel umfangreicher; als das wir sie mit einem Alltagsschlagwort erledigen könnten, denn sie betrifft unsere ganze Lebensexistenz, also auch diesen völlig unverständlichen und unsinnigen Tod, den wir hier zu bearbeiten haben.</p> <p>Der große jüdisch Naturwissenschaftler und Philosoph Jeshajahu Leibowitz – er selbst hat seinen Sohn Uri durch den Tod verloren – formuliert den Sachverhalt sehr genau so:<br /> „Ich finde mich damit ab, dass die Welt eben ihren natürlichen Lauf nimmt. Ich sage das nicht als Philosoph. Aber ich lebe in der Welt, die nach ihren eigenen Gesetzen abläuft. Das ist das Leben!</p> <p>Wenn man das nicht will, dann muss man sich umbringen. Wenn man damit nicht einverstanden ist, in dieser schrecklichen Welt zu leben – dann kann man sich auch das Leben nehmen.“<br /> (Gespräche über Gott und die Welt, ISBN 3-458-33268-5)</p> <p>Daraus ergibt sich zwingend – wenn wir uns nicht umbringen wollen – dass wir „in dieser schrecklichen Welt“ täglich vor der immer gleichen Aufgabe stehen:<br /> Mach das Beste draus!</p> <p>Sicher erscheint uns das oftmals wie die Strafe des Sisyphus, der immer wieder den Felsen auf die Spitze des Berges hinaufbringen musste um oben zu erfahren, dass er sofort wieder herunter fällt.</p> <p>Aber welche Alternative hatte er? Welche Alternative haben wir?</p> <p>Der Alltag und die Allnacht unseres Lebens können nur sinnvoll funktionieren, wenn es uns gelingt, aus ihnen immer wieder<br /> das Beste zu machen.</p> <p>Das heißt doch:<br /> Mach nicht irgendetwas daraus, lass die Dinge nicht einfach so treiben, entschuldige Dich nicht dauernd, dass Du etwas nicht kannst, nicht gewusst hast, oder dass Du keine Chancen hast, sondern mach das Beste daraus, hier und jetzt, aus Deiner Situation.</p> <p>Die alten Chinesen am anderen Ende der Welt haben das genau so gesehen, wenn sie den Spruch aufgestellt haben: „Es ist besser eine Kerze anzuzünden, als das Dunkel zu fürchten!“</p> <p>Das Beste muss an jedem Tag unser Ziel sein. Auch wenn am Ende der Tod steht.</p> <p>Es ist schon erstaunlich, dass der Begründer des Christentum – der Apostel Paulus – zu den gleichen Erkenntnissen kommt; denn die Wahrheiten der Bibel sind in Wirklichkeit die gleichen Wahrheiten, welche auch z.B. in China bekannt sind.</p> <p>In Philipper 1, 9 - 10 heißt es:<br /><em>„Und darum bete ich, dass eure Liebe je mehr und mehr reich werde in allerlei Erkenntnis und Erfahrung,<br /> dass ihr prüfen möget, was das Beste sei, auf dass ihr seid lauter und unanstößig auf den Tag Christi,...“</em></p> <p>Das heißt doch, das Paulus hier den Menschen in Philippi dieselbe goldene Regel schreibt, die mit unserem Thema völlig übereinstimmt:<br /> Mach das Beste draus!</p> <p>Es ist schon sehr merkwürdig, dass Paulus seine Leser auffordert, "zu prüfen, was das Beste sei..." Und ihnen nicht versichert, dass wenn sie die Gebote halten oder ein christliches Bekenntnis ablegen, dann wären sie "unanstößig auf den Tag Christi..."</p> <p>Wir können deshalb diesen Satz als das ganz große Überlebensgebot für uns sehen, in dem alles das zusammengefasst ist, was unser Leben lebenswert macht, wenn wir diesen Satz erfüllen.</p> <p>Mach das Beste draus, aus dieser Verlustsituation und diesem Tod. Kann man das überhaupt? Kann man aus dem Tod und Verlust eines lieben Menschen das Beste machen? Ist das überhaupt statthaft? Wenn ja, wie geht das?</p> <ul><li>Indem Sie darüber nachdenken und sich so an ihn erinnern.</li> </ul><p>In einem jüdischen Gebet heißt es:</p> <div><em>Beim Aufgang der Sonne erinnern wir uns an sie.</em><br /><em>Beim Regen und Wind erinnern wir uns an sie.</em><br /><em>Beim Sonnenuntergang erinnern wir uns an sie.</em><br /><em>Bei unserer Arbeit und bei unserer Freizeit erinnern wir uns an sie.</em><br /><em>So lange wir leben erinnern wir uns an sie.</em></div> <div> </div> <p>Diese „sie“ sind die Verstorbenen. In diesem Gebet wird deutlich, was es heißt, einen Menschen zu würdigen. Man muss sich an ihn erinnern, über ihn sprechen und ihm so sein Weiterleben in unseren Köpfen und Herzen ermöglichen.</p> <ul><li>Indem Sie darüber nachdenken, dass er bei allen seinen Schwächen und Stärken Ihnen vieles beigebracht hat, was Sie heute noch anwenden und verwerten. Er hat Sie geprägt und Sie haben ihn geprägt.</li> </ul><ul><li>Indem sie sich sein Leben genau ansehen und das daraus heraussuchen, was in seinem Leben geklappt hat und was Sie deshalb übernehmen können. Und da gibt es eine ganze Menge.</li> </ul><p>Auf diese Weise setzen Sie das Leben des Verstorbene in sich fort.</p> <p>So macht man auch aus dem Tod eines Menschen das Beste draus, indem man den Verstorbenen ganz fest zu einem lebendigen Bestandteil des eigenen Lebens macht. Das geht nicht ohne Erinnerung. Das geht nicht ohne das erinnernde Gespräch. Nur so gelingt der Abschied.</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Wir haben darüber nachgedacht, wie man selbst aus dem Tod eines lieben Menschen noch das Beste machen kann. Und wir haben festgestellt, dass der Auftrag des Lebens an uns in jeder Situation der gleiche ist: Mach das Beste draus!</p> <p>Wir haben genau das miteinander getan. Wir haben uns erinnert.</p> <p>Jetzt setzen wir dieses unser „richtiges Tun“ fort, in dem wir Abschied nehmen.</p> <p>Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern heißt dazu so oder ähnlich:<br /> Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während Sie das bei sich selbst bedenken und beschließen, werde ich mich zum Sprecher des Verstorbenen machen:</p> <div><em>Der Wunsch der Toten</em> <p><em>Gebt Euren Toten Heimrecht,</em><br /><em>ihr Lebenden,</em><br /><em>dass wir unter euch weilen</em><br /><em>in dunklen und hellen Stunden.</em></p> <p><em>Weint uns nicht nach,</em><br /><em>dass jeder Freund sich schämen muss</em><br /><em>von uns zu reden.</em><br /><em>Macht,</em><br /><em>dass die Freunde ein Herz fassen,</em><br /><em>von uns zu plaudern und zu lachen.</em></p> <p><em>Gebt uns Heimrecht,</em><br /><em>wie wir es im Leben genossen haben</em>.</p></div> <p> Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p> <strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 01:27</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 23:27:26 +0000 admin 33 at https://www.elohim.io 5 Rettungsmöglichkeiten https://www.elohim.io/index.php/content/5-rettungsm%C3%B6glichkeiten <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">5 Rettungsmöglichkeiten</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,</p> <p>liebe Angehörigen und Freunde</p> <p>der Verstorbenen NN</p> <p>Wenn ein Mensch gestorben ist, zu dem wir näheren und engeren Kontakt hatten, dann bleibt oft das Gefühl tiefer Verunsicherung, Angst, Hilflosigkeit und absoluter Orientierungslosigkeit in uns zurück.</p> <p>Deshalb lassen Sie uns gemeinsam einige wenige Augenblicke darüber nachdenken, wie wir aus diesem unglücklichen Zustand mit eigener Kraft wieder herausfinden können.</p> <p>1. Der sichere Ort:</p> <p>Als erstes brauchen wir einen sicheren Ort. Dieser geistig-psychische Ort ist durch den Tod des Verstorbenen erschüttert und aller seiner Sicherheit beraubt.</p> <p>Bevor wir irgend etwas weiteres unternehmen können, müssen wir wieder festen Grund unter unseren Füßen haben.</p> <p>Nun haben die Menschen an der Küste den großen Vorteil, dass sie direkt am Meer wohnen. Wie bekommt man mitten in der Nordsee – der Ostsee - festen Grund unter den Füßen?</p> <p>Indem man sich diesen festen Grund selber zimmert.</p> <p>Die Leute am Rheingraben und in Thüringen haben es etwas schwerer; denn sie glauben, dass sie in ihrer Gegend festen Grund unter den Füßen haben. Aber die gelegentlichen Erdstöße, an die sie sich gewöhnt haben, zeigen ihnen, dass der Grund so fest auch nicht ist.</p> <p>Wir wissen, unser Leben hat den Sinn, den wir ihm geben. Der feste Grund unter unseren Füßen ist so fest, so fest wie wir ihn bauen.</p> <p>Ein Weisheitstext erklärt uns:</p> <p>Unbesorgt sind, die ihrem SELBST vertrauen, denn es enttäuscht sie nie.</p> <p>Den festen Grund für unser zukünftiges Leben können wir nur in uns selbst finden. Der Tod des Verstorbenen hat Ihnen Ihre lieb gewordene Stütze weggenommen. Vertrauen Sie Ihrem SELBST als Ihrem festen Grund unter Ihren Füßen.</p> <p>2. Verbundenheit mit anderen Menschen:</p> <p>Wir verdanken unser Leben der Verbundenheit unseres Vaters mit unserer Mutter und umgekehrt. Leben entsteht aus der Verbindung von zwei Menschen.</p> <p>Und Leben kann nur in der Verbindung mit andern Menschen weiterhin existieren. Erst der Tod ist eine Sache, die uns ganz alleine etwas angeht. Deshalb sterben sehr viele Menschen gerade in dem Augenblick, wenn sie mal für eine Minute alleine im Zimmer sind.</p> <p>Wenn wir uns für das Leben entschieden haben, also leben wollen, einen festen Grund unter unseren Füßen gezimmert haben, dann beinhaltet das, dass wir auch zu anderen Menschen ja sagen. Wir suchen und arbeiten an der Verbindung zu anderen Menschen und sichern die Verbundenheit mit ihnen ab.</p> <p>Wir brauchen andere Menschen und andere Menschen brauchen uns. Nur so kann Leben funktionieren. Niemand ist eine Insel. Niemand kann alleine existieren.</p> <p>3. Eine neue Orientierung annehmen:</p> <p>Wenn uns der geliebte Partner weggestorben ist, bleibt bei uns oft ein Gefühl von Minderwertigkeit zurück.</p> <p>Unser Lebenskonzept, in dem der verstorbene Mensch eine wichtige Rolle gespielt hat, ist zerstört. Wir können nicht weitermachen wie bisher.</p> <p>Wir haben das Gefühl, wir selbst sind auch zerstört. Und es ist ja auch richtig so, dass ganz viel von dem, was wir gewollt, geplant und für die Zukunft vorgesehen haben nun nicht mehr möglich ist.</p> <p>Das bedeutet aber nicht, dass wir nun gar nichts mehr sind. Wir sind gemindert durch den Verlust des geliebten Menschen, aber diese Minderung, dieses Wegsein von etwas, hat uns die Hände frei gemacht für andere Dinge.</p> <p>Diese „anderen Dinge“ sind Gegenstand und Inhalt einer neuen Orientierung, die wir uns suchen und dann auch annehmen müssen.</p> <p>4. Eine „Meta-Ebene“ für sich selbst finden:</p> <p>Wenn wir lernen uns selbst aus einer gewissen Distanz zu betrachten, dann können wir vergleichen. Dann merken wir, dass es anderen teilweise viel schlimmer gegangen ist als uns selbst.</p> <p>In früheren Schlachten befand sich der Feldherr auf dem „Feldherrenhügel“. Er musste den Überblick behalten. Er musste alles sehen. Er durfte sich selbst nicht im Kampfgetümmel verlieren.</p> <p>Die Meta-Ebene ist dieser innere Feldherrenhügel, der uns manchmal sagt: „Jetzt kommt wieder ein trauriger, schwermütiger und vielleicht auch depressiver Schub und nachher wird es wieder leichter sein.“</p> <p>Wenn wir das erkennen können, dann wissen wir, dass ein Schub nicht ewig dauert und hinterher wieder eine andere Zeit kommt. Deshalb können wir diesen Schub besser ertragen, weil unsere Hoffnung auf eine bessere Zeit realistisch ist.</p> <p>Daraus lernen wir, dass wir diesen traurigen Schub nicht mehr so wichtig nehmen, dass er uns zerbrechen kann. Wir haben eine übergeordnete Ebene erreicht und damit können wir den depressiven Schub relativieren.</p> <p>5. An die eigene Kompetenz glauben:</p> <p>Wenn man längere Zeit mit einem geliebten Menschen zusammen gelebt hat, verteilen sich die Aufgaben des Lebens auf beide Partner. Jeder übernimmt das, was er gut kann und wozu er Lust hat.</p> <p>Dadurch wird der andere Partner entlastet und verlernt auch in gewisser Weise die Fähigkeiten, die er zwar kann, aber selbst nicht mehr ausübt.</p> <p>Wenn nun der Partner gestorben ist, schleicht sich oft die Angst ein, werde ich das, was der andere übernommen hat, auch zusätzlich noch können?</p> <p>Diese Angst ist um so größer, je mehr der zurückbleibende Partner durch den anderen verwöhnt worden ist.</p> <p>Hier müssen wir lernen an die eigene Kompetenz zu glauben. Wir schaffen es. Wir haben die Kraft und die Fähigkeit dazu.</p> <p>Und schließlich ist die Fürsorge und Hilfe des verstorbenen Menschen niemals dazu gedacht, uns zu schwächen und lebensunfähig zu machen, sondern um uns zu fördern und stark zu machen.</p> <p>Der Glaube an die eigenen Kompetenz ist schließlich auch ein Dankeschön für alle Fürsorge, die wir empfangen haben und der nachträgliche Beweis, dass sich der verstorbene Mensch in seiner Liebe zu uns nicht geirrt hat.</p> <p>Fünf Schritte, kleine Schritte – sie alle bringen uns den geliebten Menschen nicht zurück, aber sie helfen uns sein Werk in uns fortzusetzen.</p> <p>Nachdem wir über uns geredet haben, wollen wir nun über den Verstorbenen reden.</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Wir haben darüber nachgedacht, wie das Leben ohne den Verstorbenen sinnvoll weitergehen kann.</p> <p>Wir haben im Blick zurück die Schätze, Werkzeuge und Materialien angeschaut, welche der Verstorbene für Sie als Hinterbliebene durch seinen eigenen Lebensweg vorbereitet und hinterlassen hat. Mit gutem Recht kann er erwarten, dass Sie das Beste daraus machen.</p> <p>Jetzt müssen wir Abschied  nehmen. Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern heißt dazu so oder ähnlich:</p> <p>Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während Sie das bei sich selbst bedenken und beschließen, werde ich dem Verstorbenen einen Text aus den Gedichten von Hermann Hesse widmen:</p> <p><em>Welkes Blatt</em></p> <p><em>Jede Blüte will zur Frucht,<br /> jeder Morgen Abend werden.</em><br /><em>Ewiges ist nicht auf Erden,</em><br /><em>als der Wandel, als die Flucht.</em></p> <p><em>Auch der schönste Sommer will</em><br /><em>Einmal Herbst und Welke spüren.</em><br /><em>Halte Blatt geduldig still,</em><br /><em>wenn der Wind dich will entführen.</em></p> <p><em>Spiel dein Spiel und wehr dich nicht, </em><br /><em>lass es still geschehen.</em><br /><em>Lass vom Winde, der dich bricht,</em><br /><em>dich nach Hause wehen.</em></p> <p> Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn - unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p> <strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 01:23</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 23:23:14 +0000 admin 32 at https://www.elohim.io Fragen eines lesenden Arbeiters https://www.elohim.io/index.php/content/fragen-eines-lesenden-arbeiters <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Fragen eines lesenden Arbeiters</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,</p> <p>liebe Angehörigen und Freunde</p> <p>der Verstorbenen NN</p> <p>Wir sind hier zu  dieser Trauerfeier zusammengekommen um uns auf den Verstorbenen und sein Leben zu besinnen und es zu würdigen. Das scheint im Widerspruch zu seinen geäußerten Auffassungen betreffs seines Todes zu sein.</p> <p>Diesen Widerspruch hat ein Mann kurz vor seinem Tode so zu Papier gebracht:</p> <p>„Unspektakulär, also ohne nennenswerte Höhen, verlief mein Leben bisher. So wollte ich es auch, bescheiden, unauffällig. Als funktionierendes Rädchen in einem Getriebe habe ich mich gesehen.“</p> <p>Das ist eine geläufige Volksmeinung die mir sehr oft begegnet und deshalb stelle ich meinen Ausführungen einen Text von Bertolt Brecht voran:</p> <p><em>Fragen eines lesenden Arbeiters</em></p> <p><em>Wer baute das siebentorige Theben?<br /> In den Büchern stehen die Namen von Königen.</em><br /><em>Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?</em><br /><em>Und das mehrmals zerstörte Babylon -</em><br /><em>wer baute es so viele Male wieder auf?</em><br /><em>In welchen Häusern des goldstrahlenden Lima</em><br /><em>wohnten die Bauleute?</em><br /><em>Wohin gingen am Abend,</em><br /><em>als die chinesische Mauer fertig war,die Bauleute?</em><br /><em>Das große Rom ist voll von Triumphbögen.</em><br /><em>Wer errichtete sie?</em><br /><em>Über wen triumphierten die Cäsaren?</em><br /><em>Hatte das vielbesungene Byzanz</em><br /><em>nur Paläste für seine Bewohner?</em><br /><em>Selbst im sagenhaften Atlantis</em><br /><em>brüllten in der Nacht, als das Meer es verschlang,</em><br /><em>die Ersaufenden nach ihren Sklaven.</em></p> <p><em>Der junge Alexander eroberte Indien.</em><br /><em>Er allein?</em><br /><em>Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?</em><br /><em>Philip von Spanien weinte,als seine Flotte untergegangen war.</em><br /><em>Weinte sonst niemand?</em><br /><em>Friedrich der Zweite siegte im siebenjährigen Krieg. </em><br /><em>Wer siegte außer ihm?</em></p> <p><em>Jede Seite ein Sieg.</em><br /><em>Wer kochte den Siegesschmaus?</em><br /><em>Alle zehn Jahre ein großer Mann.</em><br /><em>Wer bezahlt die Spesen?</em></p> <p><em>So viele Berichte.<br /> So viele Fragen!</em></p> <p><em>B.Brecht, G.W., Bd. 9, S.657</em></p> <p> Bertolt Brecht gehört als Schriftsteller, Dramatiker und Lyriker zu jenen Menschen, die auf Seiten der Armen und der Unterdrückten standen und deren Leben in das grelle Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit stellte.</p> <p>Viele seiner Stücke sind zeitbedingt und werden im Meer der Vergessenheit untergehen. Andere Stücke sind zeitlos. Dazu gehört sicherlich auch unser Text.</p> <p>Brecht erinnert an die Vergangenheit. Und wenn er zurückgeht in die Geschichte, fällt ihm eine Sache auf, die für uns und den größten Teil der Menschheit ganz selbstverständlich ist:</p> <p>Die Großen haben Geschichte, sie bekommen Geschichte zuerkannt, während die Kleinen namenlos und geschichtslos im Meer des Vergessens untergehen. Dabei ist Geschichte genau das, was nur Menschen eigen ist.</p> <p>Brecht erkennt in diesem Brauch - dass die großen Namen aufgeführt werden - einen ganz wesentlichen Mechanismus der Unterdrückung der Menschen durch andere.</p> <p>Diese Unterdrückung durch "die Großen" setzt sich nach deren Tod gnadenlos fort, teilweise über Jahrtausende. Über Adolf Hitler und Saddam Hussein werden die Geschichtsbücher noch in 500 Jahren zu berichten wissen, aber N.N. wird nicht mal heute in der Zeitung erwähnt.</p> <p>Dabei stellt sich doch die Frage,</p> <p>ob die Großen wirklich etwas Großes geleistet haben, und man deshalb ihre Geschichte aufgeschrieben hat, oder ob es nicht anders herum war, nämlich dadurch, dass die Geschichte einiger Menschen aufgeschrieben wurde, wurden sie erst zu den Großen gemacht. (Wir wissen heute wie das gemacht wird. Das Fernsehen gibt uns gute Beispiele.)</p> <p>Wir können das hier nicht entscheiden. Dennoch bin ich der Meinung, dass die Geschichte des Verstorbenen für Sie von großer Wichtigkeit ist. Sie haben mit ihm zusammen gelebt, Sie waren befreundet, Sie waren bekannt miteinander. Sie sind von ihm geprägt worden und haben ihn geprägt. Er ist somit ein Teil Ihres Lebens geworden.</p> <p>Seine Geschichte ist mit Ihren Geschichten eng verflochten und deshalb kann und darf sie nicht untergehen im Meer des Vergessens.</p> <p>Deshalb müssen wir in der Trauerfeier das Leben eines verstorbenen Menschen aus dem episodenhaften und dem impressionistischen heraus holen und zu einer historischen Persönlichkeit werden lassen.</p> <p>Indem wir uns seine Geschichte erzählen, wehren wir uns gegen alle Unterdrückung und setzten unsere Geschichte – hier die Geschichte Ihres Verstorbenen - gleich mit der Geschichte Alexanders, Konrad Adenauers und Albert Einsteins.</p> <p>Wir lassen uns nicht unterdrücken. Unsere Geschichte ist für uns viel wichtiger als die Geschichte von Willi Brandt.</p> <p>Wir wollen die Geschichte des Verstorbenen mindestens in einer kleinen Feierstunde gewürdigt wissen. Wir wehren uns dagegen, das Leben des Verstorbenen würdigungslos und geschichtslos im Meer der Vergangenheit untergehen zu lassen.</p> <p>Deshalb wollen wir seine Geschichte betrachten und aufarbeiten.</p> <p>Der Verstorbene hatte viel weniger Macken und Neurosen, als Napoleon. An den Händen Friedrich des Großen klebt unendlich viel Blut.</p> <p>Alles das findet sich nicht in der Geschichte des Verstorbenen. Aus der Geschichte des Verstorbenen können wir viel mehr für uns selbst übernehmen, als aus irgend einer Geschichte jener Menschen, die uns als "die Großen" überliefert sind.</p> <p>Und genau diese Geschichte wollen wir uns jetzt erzählen...</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf der Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Wir haben den Verstorbenen und sein Leben gewürdigt. Auch wenn er selbst es wohl nicht so gewollt hätte, haben wir dennoch in der Befolgung unserer moralischen Pflicht unseren Menschenbruder gegen sich selbst in Schutz genommen und ihm die Würde zuerkannt, die ihm von der Natur aus mitgegeben ist.</p> <p>Jetzt müssen wir von unserem liebenswürdigen und querköpfigen Menschenbruder für immer Abschied nehmen. Seinen Mut zu seiner eigenen Meinung bewundern wir. Seine Querköpfigkeit tolerieren wir.</p> <p>Wir sagen innerlich Ja zu seinem Leben und zu seinem Tod.</p> <p>Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern heißt dazu so oder ähnlich:</p> <p>Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während Sie das so still bei sich selbst entscheiden, werde ich dem Verstorbenen einen Text eines Geestemünder Arztes widmen. Dr. Konrad Starke schrieb kurz vor seinem eigenen Tod:</p> <p><em>Einen Morgen werd ich nicht mehr sehen<br /> und der Tag wird ohne mich vergehen,</em><br /><em>und die Erde wird sich weiterdrehen</em><br /><em>und es scheint, als wäre nichts geschehen.</em></p> <p><em>Einen Mittag wird die Sonne scheinen,</em><br /><em>wird das Leben fließen so wie eh,</em><br /><em>Menschen lärmen, Kinder weinen,</em><br /><em>doch es freut mich nicht und tut nicht weh.</em></p> <p><em>Einen Abend werdet Ihr erleben</em><br /><em>ganz verwirrt und voller Bitterkeit;</em><br /><em>ich indes hab mich zur Ruh begeben</em><br /><em>- ohne Freude – ohne Sehnsucht – ohne Leid -</em></p> <p><em>Und die Vögel werden weitersingen,</em><br /><em>und die Wasser fließen so wie heut,</em><br /><em>und des Windes Lied wird ewig klingen</em><br /><em>- ohne Anfang – ohne Ende – ohne Zeit -.</em></p> <p> </p> <p>Wir verabschieden uns hier in der Kapelle von dem Verstorbenen, weil er eingeäschert werden soll:</p> <p>NN ist am XXX zu uns in diese Welt gekommen und am XXX für immer von uns dorthin zurück –gegangen, von wo er zu uns kam.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn unter uns hatten.</p> <p><strong>Ruhe in Frieden.</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 01:15</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 23:15:37 +0000 admin 31 at https://www.elohim.io Jesus und die Schiffe https://www.elohim.io/index.php/content/jesus-und-die-schiffe <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Jesus und die Schiffe</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,</p> <p>liebe Angehörigen und Freunde</p> <p>der Verstorbenen NN</p> <p>Der Verstorbene war Seemann und dem Wasser sehr verbunden und hat auch seine Ehefrau von dieser Liebe zum Meer begeistert.</p> <p>Sie haben sich gewünscht, dass ich dieser Trauerfeier einen Bibeltext zu Grunde lege und auch ein Vaterunser verwende. Dem komme ich gerne nach; denn unsere moderne Ethik lehrt uns, das</p> <p>Leben immer Vorrang haben muss!</p> <p>Als ich nach einem Text aus der Bibel suchte, der zu dem Leben des Verstorbenen passen könnte, kam ich folgerichtig an einem Text aus dem Neuen Testament nicht vorbei. Er steht in Lukas 5, 1 - 7; 10b:</p> <p>"Es begab sich aber, da sich das Volk zu ihm drängte, zu hören das Wort Gottes, dass er stand am See Genezareth</p> <p>Und sah zwei Schiffe am See stehen; die Fischer aber waren ausgetreten und wuschen ihre Netze.</p> <p>Da trat er in der Schiffe eines, welches Simons war, und bat ihn, dass er`s ein wenig vom Land führte. Und er setzte sich und lehrte das Volk aus dem Schiff.</p> <p>Und als er hatte aufgehört zu reden, sprach er zu Simon: Fahre auf die Höhe und werfet eure Netze aus, dass ihr einen Zug tut.</p> <p>Und Simon antwortete und sprach zu ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort hin will ich das Netz auswerfen.</p> <p>Und da sie das taten, beschlossen sie eine große Menge Fische, und ihr Netz zerriss.</p> <p>Und sie winkten ihren Gesellen, die im andern Schiff waren, dass sie kämen und hülfen ihnen ziehen. Und sie kamen und füllten beide Schiffe voll, also dass sie sanken...</p> <p>Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; denn von nun an wirst du Menschen fangen."</p> <p>Wenn man sich mit dem Leben Jesu ein klein wenig näher beschäftigt, dann fällt auf, dass in den 4 Evangelien etwa 8 mal davon gesprochen wird, dass Jesus in ein Haus trat oder in einem Hause war. Jedoch wird etwa 14 mal davon gesprochen, dass Jesus in ein Schiff trat oder in einem Schiff war. (nach der deutschen Übersetzung, Anker Konkordanz)</p> <p>Das Schiff scheint für das Auftreten Jesu ungleich wichtiger zu sein als ein Haus.</p> <p>Ich habe mich gefragt, wofür man Häuser braucht und wofür man Schiffe benötigt.</p> <p>Der Sinn und Zweck eines Hauses ist es, an einem Ort eine Behausung zu haben, zu Hause zu sein, an einen geographischen Platz hinzugehören.</p> <p>Der Sinn und Zweck eines Schiffes dagegen ist genau das Gegenteil, nämlich unterwegs zu sein. Ein Schiff gehört auf See.</p> <p>Es muss den Ort, wo es beim Amtsgericht registriert ist, überhaupt nicht gesehen haben. Die Flagge, die es fährt, wird wie ein bunter Lappen ausgetauscht.</p> <p>Aber fahren muss es. Oder es liegt im Museum. Niemals wird seine Bestimmung - unterwegs zu sein - austauschbar.</p> <p>Jesus scheint mit seiner großen Vorliebe für Schiffe eben jenes ausdrücken zu wollen, nämlich dass Leben immer Bewegung ist, und dass es nur funktionieren kann, wenn es unterwegs ist.</p> <p>Wir kommen von nirgendwo und gehen nach nirgendwo. Unterwegs gibt es Rastplätze, Gastplätze, die wir missbrauchen, wenn sie uns zur Heimat werden sollen.</p> <p>Auf Spruchkarten finden Sie häufig den Text:</p> <p>"Unterwegs sein ist das Ziel."</p> <p>Das Schiff hat in den Evangelien verschiedene Funktionen:</p> <ul><li>Jesus gebraucht es hauptsächlich als Predigtkanzel.</li> <li>Dann wird das Schiff in den Evangelien als Transportmittel für Personen benötigt.</li> <li>Schließlich wird mit dem Schiff gefischt.</li> <li>Und das Schiff stellt Verbindungen her, wo man sonst wohl niemals hinkäme.</li> </ul><p><strong>1.</strong></p> <p>Unser Leben wird mit dem Schiff verglichen. Jesus trat in ein Schiff, um zu predigen.</p> <p>Dabei weiß jeder Pädagoge, dass Taten lauter sprechen als Wörter. Wenn unser Leben zur Predigtkanzel werden soll, dann muss es in sich stimmig sein, kongruent, wie die Fachleute sagen.</p> <p>Unser Leben und unsere Wörter müssen übereinstimmen. Unser Reden muss, wenn er das alltägliche Leben tangiert, im praktischen Lebensvollzug sichtbar werden.</p> <p>Alle Eltern haben beobachtet, dass ihre Kinder weniger auf das hören, was ihnen gesagt wird, aber sehr genau registrieren, was die Eltern tun.</p> <p><strong>2.</strong></p> <p>Unser Lebensschiff ist ein Transportgefäß für viele andere Menschen.</p> <p>Nehmen wir z.B. den Verstorbenen. Er ist in Ihnen existent und benutzt Sie als Transportgefäß. Sie beherbergen ihn in sich wie ein Schiff die Menschen in seinen Räumen.</p> <p>Wo immer Sie hingehen, er ist in Ihnen, in Ihrer Erinnerung, und Sie nehmen ihn immer mit.</p> <p>Und umgekehrt war das auch so. Sie waren in ihm, in seinem Leben eine kostbare Fracht, für die er die Verantwortung übernahm.</p> <p><strong>3.</strong></p> <p>Jesus sagt am Schluss dieser Geschichte: Du sollst Menschen fangen.</p> <p>Jeder von uns ist ein Menschenfischer. Die sozialen Kontakte, die wir aufbauen, sind nicht automatisch jene, die uns in die Wiege gelegt worden sind.</p> <p>Wir sind alle Menschenfischer und bauen uns im Laufe unseres Lebens unsere Partnerschaften, unsere Familien, unseren Freundeskreis und unsere soziale Gruppe selbst auf.</p> <p><strong>4.</strong></p> <p>Wenn wir unser Leben unter dem Aspekt des Schiffes sehen, dann wissen wir, dass es unsere Aufgabe ist, Verbindungen herzustellen zwischen Orten und Wesen, die sich sonst niemals begegnet wären.</p> <p>Der Apostel Paulus bringt diesen Aspekt auf den Punkt im 2.Korinther 5,18: "...Gott hat uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt!"</p> <p>Das Schiff bringt das Getrennte zusammen. Es macht das Unbekannte miteinander bekannt. Das Meer kennt keine Zäune und Grenzen. Man kann keinen Kreidestrich auf die Wellen malen und behaupten, diesseits wären alle die Guten und jenseits alle die Schlechten.</p> <p>Zusammenbringen ist unsere Lebensaufgabe. Niemals darf Wahrheit wichtiger werden als Menschen. Wahrheit ist eine der mächtigsten Hilfe für das Leben der Menschen. Niemals aber darf das Leben einer Wahrheit unterworfen werden. Karl Jaspers hat das so formuliert:</p> <p><em>„Wahrheit ist nicht, sondern sie geschieht.“</em></p> <p>Sie geschieht in der Übereinkunft der Menschen untereinander, fügen wir hinzu.</p> <p>Menschen sind immer viel wichtiger als Wahrheiten.</p> <p>Ein paar hilfreiche Andeutungen aus einem Seemannsleben (auch: Fischerleben) müssen in dieser Trauerfeier genügen. Alles das schwingt mit, wenn wir den Verstorbenen und seine Herkunft aus der Fischerei und seine Liebe zum Wasser näher betrachten.</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Wir haben an Hand der Bibel ein Lebensmodell erarbeitet, welches durchaus für den Verstorbenen Gültigkeit hat. Aber ebenso kann es für uns wegweisend sein.</p> <p>Wir haben dieses Lebensmodell in dem Leben des Verstorbenen nachgespürt und seine konkrete Umsetzbarkeit gesehen.</p> <p>Jetzt heißt es konkret Abschied nehmen von dem konkreten Leben und gleichzeitig innerlich Ja sagen dazu, dass wir als Lebende dieses gute Lebensmodell weiterführen an seiner Statt.</p> <p>Jetzt müssen wir eine Entscheidung treffen und in diesen Wechsel innerlich einwilligen.</p> <p>Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern heißt dazu so oder ähnlich:</p> <p>Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während wir das bei uns selbst entscheiden, werde ich dem Verstorbenen ein letztes Vaterunser widmen. Ich benutze dazu den Text aus dem Matthäusevangelium:</p> <p><em>Unser Vater in dem Himmel.<br /> Dein Name werde geheiligt.</em><br /><em>Dein Reich komme.</em><br /><em>Dein Wille geschehe auf Erden </em><br /><em>wie im Himmel. </em><br /><em>Unser tägliches Brot gib uns heute</em><br /><em>und vergib uns unsere Schulden</em><br /><em>wie wir unseren Schuldigern vergeben.</em><br /><em>Und führe uns nicht in Versuchung,</em><br /><em>sondern erlöse uns von dem Übel;</em><br /><em>denn dein ist das Reich und die Kraft</em><br /><em>und die Herrlichkeit, in Ewigkeit, amen.</em></p> <p>Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn - unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p><strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 00:52</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 22:52:38 +0000 admin 30 at https://www.elohim.io Die Sonne deines Lebens https://www.elohim.io/index.php/content/die-sonne-deines-lebens <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Die Sonne deines Lebens</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,</p> <p>liebe Angehörigen und Freunde</p> <p>der Verstorbenen NN</p> <p>Immer wieder werden wir aufgerufen Abschied zu nehmen.</p> <p>Nichts ist so gewiss wie der Wechsel und der Wandel, sagt ein Sprichwort.</p> <p>Wenn ein Mensch durch den Tod dorthin zurück geht, von wo er vor seiner Geburt gekommen ist, kann der Wechsel nicht radikaler sein.</p> <p>Darüber müssen wir nachdenken. Wir müssen Bestandsaufnahme machen über das, was nun für immer weg ist und über das, was bleibt.</p> <p>Möglicherweise wird dieses Thema klarer durch ein Bild. Ein Mensch, der seine über alles geliebte Frau durch Tod verlor, schrieb:</p> <p><em>„Wenn die Sonne deines Lebens für immer untergegangen ist, kannst du dich im Winter deiner Einsamkeit an jenem Feuer wärmen, das durch das Holz deiner Erinnerungen, welches die Sonne hat wachsen lassen, in dir dauerhaft brennt. </em></p> <p><em>Vergiss es nicht, du musst nachlegen.“</em></p> <p><em>Uwe Peters, 25.01.2005</em></p> <p>In den allermeisten Trauerfällen war der verstorbene Mensch in der Erinnerung der Hinterbliebenen die große Sonne ihres Lebens, die nun plötzlich durch den Tod für immer untergegangen war.</p> <p>Ein uralter Film: „Cabarett“ mit Liza Minelli spielt im Berlin der Anfang 30er Jahre. Eine Szene ist besonders schön: Der Sänger auf der Bühne besingt die Schönheit seiner Freundin. Er schildert ihre Eigenschaften: sie ist so groß, so stark, so weich und sanft, sie hat tiefe dunkle Augen und so weiche Lippen, sie ist so gemütvoll und kuschelig...</p> <p>Immer wieder zeigt er auf sie und fragt die rhetorische Frage: „Ist sie nicht wunderbar, Ihr müsst sie mit meinen Augen sehen?!“</p> <p>- Das ist ein gewaltiger geistiger und kultureller Entwicklungsschritt, dass Menschen den Mut finden, den anderen mit den „eigenen Augen zu sehen.“</p> <p>- Die Religionen wollen den anderen mit den Augen Gottes sehen. Dann muss es eine Auferstehung geben und am Ende muss es das Endgericht Gottes am Jüngsten Tag geben. Dann muss es eine Wertung geben, ob der verstorbene Mensch gut oder weniger gut war.</p> <p>- Ebenso geht es vielen anderen Menschen, welche den verstorbenen Menschen mit den Augen einer angenommenen Allgemeinheit sehen wollen. Dann kommen solche Formulierungen: Nur für die Familie da, überall beliebt, sehr arbeitsam und einfach ein guter Mensch.</p> <p>- Wir wollen den Verstorbenen mit unseren Augen sehen. -</p> <p>Dann schwenkt die Kamera auf dieses bewunderte und bezaubernde Wesen und zeigt ein - Gorillaweibchen. Ist sie nicht wunderbar? Ihr müsst sie mit meinen Augen sehen!</p> <p>Genauso wie unsere Sonne. Unsere Wissenschaftler haben herausgefunden, dass unsere Sonne die allerbeste Sonne für unsere Erde ist. Es soll Millionen anderer Sonnen im Weltall geben, aber nur unsere Sonne hat uns gewärmt und alles um uns herum zum Wachsen, Blühen und schließlich zur Frucht reifen lassen.</p> <p>Inzwischen bewundere ich die Hinterbliebenen, die ganz stolz und mutig behaupten, unser Verstorbener war der beste Mensch der Welt.</p> <p>Unsere Sonne ist die allerbeste für uns. N.N. war die Sonne Ihres Lebens.</p> <p>Aber was machen wir im Winter?</p> <p>Unser Text rät uns, dass wir dann das Holz der Erinnerung zusammentragen und durch unsere Liebe zu dem verstorbenen Menschen anzünden. Die Sonne hat im Sommer unseres Lebens unendlich viel Holz wachsen lassen. Wir haben viel mehr Erinnerungen, als wir im Winter unserer Einsamkeit überhaupt verarbeiten und verheizen können.</p> <p>Wir müssen es jedoch aufbereiten, d.h. wir müssen es ofenfertig machen. Wir müssen es noch einmal hervorholen, klein sägen, spalten und in ofenfertige Portionen herrichten um es dann mit dem Feuer der Liebe anzuzünden.</p> <p>Das erfordert Mühe und Arbeit. Aber darin liegt unsere Chance. Sie müssen in Zukunft nicht frieren, weil die Sonne Ihres Lebens, N.N. verstorben ist.</p> <p>Den Lauf der Sonne können wir nicht beeinflussen, Ihre Sonne ist für Sie untergegangen, aber das Feuer der Sonne können wir dennoch brennend erhalten. Dazu müssen wir nur ein wenig Obacht geben, dass das Feuer niemals ausgeht. Das liegt in unserer Hand.</p> <p>Wenn wir oberflächlich und träge sind, geht es bald aus. Wenn wir jedoch immer neues Holz nachlegen, können wir das wärmende Feuer lebendig erhalten. Die Sonne unseres Lebens hat mächtige Holzvorräte wachsen lassen.</p> <p>Ob uns dieses Feuer wärmt, liegt deshalb ganz in unserer Hand. Niemand, kein Tod, kein Schicksal, keine fremden Mächte und Umstände können dieses Feuer auslöschen.</p> <p>Jetzt möchte ich mit Ihnen einen Überblick wagen, über das, was alles in der Erinnerung geblieben ist.</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Wir haben über die Sonne Ihres Lebens nachgedacht und Ihren vielleicht noch keimenden Mut unterstützt, über die beste Sonne Ihres Lebens nachzudenken.</p> <p>Wir haben davon gesprochen, dass Ihre Sonne in Ihnen immer noch lebt und wirkt.</p> <p>Jetzt müssen wir eine Entscheidung treffen, in diesen Wechsel innerlich einwilligen.</p> <p>Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern heißt dazu so oder ähnlich:</p> <p>Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während Sie das bei sich selbst bedenken und beschließen, werde ich dem Verstorbenen einen Text aus den Gedichten von Erich Fried widmen:</p> <p><em>Eifriger Trost</em></p> <p><em>Meine Sonne<br /> Ist scheinen gegangen</em><br /><em>In deinen Himmel</em></p> <p><em>Mir bleibt</em><br /><em>der Mond</em><br /><em>den ruf ich</em><br /><em>aus allen Wolken</em></p> <p><em>Er will mich trösten</em><br /><em>Sein Licht</em><br /><em>sei wärmer</em><br /><em>und heller</em></p> <p><em>Nicht gelb</em><br /><em>verfärbt</em><br /><em>dass man nur noch denkt</em><br /><em>ans Erkalten</em></p> <p><em>Sonne komm wieder!</em><br /><em>der Mond ist</em><br /><em>zu hell und<br /> zu heiß für mich!</em></p> <p> Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn - unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p><strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 00:45</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 22:45:37 +0000 admin 29 at https://www.elohim.io Buddha https://www.elohim.io/index.php/content/buddha <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Buddha</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,</p> <p>liebe Angehörigen und Freunde</p> <p>der Verstorbenen NN</p> <p>Der viel zu frühe und erschreckend plötzliche Tod des Verstorbenen lässt kaum Raum für Besinnung und einen ordentlichen Abschied.</p> <p>Alles ist so grausam zerstörend und blitzartig über Sie gekommen, dass Ihre inneren Systeme das alles gar nicht verarbeiten können und als Notfallmaßnahme Ihren ganzen Körper mit einem abmildernden und betäubenden und darin auch wohltätigen Schock überfluten.</p> <p>Dieser Notfallmaßnahme Ihrer inneren Systeme möchte ich mit einem uralten Text aus dem Buddhismus in dieser Trauerfeier entsprechen.</p> <p>„Buddha erzählt in einem Sutra eine Parabel:</p> <p>Ein Mann, der über eine Ebene reiste, stieß auf einen Tiger. Er floh, den Tiger hinter sich. Als er an einen Abgrund kam, suchte er Halt an der Wurzel eines wilden Weinstocks und schwang sich über die Kante.</p> <p>Der Tiger beschnupperte ihn von oben. Zitternd schaute der Mann hinab, wo weit unten ein anderer Tiger darauf wartete, ihn zu fressen. Nur der Wein hielt ihn.</p> <p>Zwei Mäuse, eine weiße und eine schwarze, machten sich daran, nach und nach die Weinwurzel durchzubeißen.</p> <p>Der Mann sah eine saftige Erdebeere neben sich. Während er sich mit der einen Hand am Wein festhielt, pflückte er mit der anderen die Erdbeere.</p> <p>Wie süß sie schmeckte!“</p> <p>(aus: Ohne Worte - ohne Schweigen, Paul Reps, 1985 Otto Wilhelm Barth Verlag)</p> <p>Als Sie mir die Geschichte des Verstorbenen erzählten war ich genau so ratlos, wie Sie. Wohin ich auch schaute, sah ich nur große Not und sehr viel Leid.</p> <p>Es scheint, als ob der Buddha diese alte Parabel für Sie und Ihre Situation erzählt hätte. Wollen wir sie hier und jetzt ein wenig näher betrachten.</p> <p>Ein Mann reiste über eine Ebene. Er ahnte nichts Böses. Vielleicht hatte er den Kopf voller Pläne und Ideen, was er am Ziel seiner Reise alles erledigen wollte.</p> <p>Plötzlich stieß er auf einen Tiger. Dieser Tiger bedeutete für ihn Tod und Vernichtung. Also tat er, was er konnte: Er floh – die einzige Richtung, in der er fliehen konnte, war auf einen Abgrund zu.</p> <p>Er schwang sich über die Kante und konnte sich an einer Weinwurzel festhalten.</p> <p>Ich denke, es geht Ihnen jetzt ganz genauso. Das blanke Entsetzen hat auch Sie durch den Tod des Verstorbenen ergriffen. Vor Ihrem inneren Auge sehen Sie nur noch den Abgrund unter sich und den Tiger des Todes über sich. Sie haben keinen festen Halt mehr unter den Füßen und klammern sich mit letzter Kraft an die Wurzeln Ihres Lebens und Überlebens.</p> <p>Aber der Abgrund ist nicht nur tief und gefährlich für Sie, sondern dort wartet sichtbar auch eine andere ganz große Gefahr auf Sie. Ein anderer Tiger wartet darauf, Sie zu fressen.</p> <p>Und schließlich merken Sie, dass die Mäuse der Sorgen und inneren Nöte auch Ihren letzten Halt aufzufressen beginnen.</p> <p>Wohin Sie sich wenden, Leid, Not und Chaos starrt Sie von allen Seiten an. Es gibt im Augenblick auch keine Möglichkeit der Rettung für Sie.</p> <p>Den Tiger des Todes des Verstorbenen können Sie nicht verjagen. Den Abgrund können Sie nicht auffüllen. Den anderen Tiger - des Lebens ohne den Verstorbenen unten im Abgrund - können Sie auch nicht verscheuchen. Und schließlich haben Sie nicht einmal die Möglichkeiten die beiden Mäuse zu vertreiben.</p> <p>In unserer Geschichte gibt es dennoch eine Hilfe. Dieser in so große Not geratener Mann sieht eine saftige Erdbeere neben sich. Er pflückt sie und er kann sie genießen.</p> <p>Mehr kann er in dieser verrückten Situation nicht tun. Mehr können Sie jetzt auch nicht tun. Sie können, ja Sie müssen in dieser ausweglosen Situation die kleinen Hilfen und die kleinen Erquickungen tief in sich aufnehmen. Das rettet Sie. Das bringt Sie durch diese Katastrophe.</p> <p>Und für Sie als Freunde der Familie heißt das, überlegen Sie, wie Sie der Familie eine kleine Freude machen können. Diese Freude kann so klein sein, wie eine Erdbeere.</p> <p>Dabei ist schnelle Hilfe doppelte Hilfe.</p> <p>Das große Werk des Tröstens kann keiner von uns vollbringen. Deshalb sollten wir es gar nicht versuchen. Aber so eine kleine Erdbeere kann Wunder bewirken.</p> <p>Wir haben z.B. die Kapelle geschmückt mit vielen Blumen. Sie alle gelten dem Verstorbenen. Sie sind ein Symbol auf sein Leben in der vergehenden Schönheit. Und das ist richtig so!</p> <p>Aber warum sollte seine Familie nicht auch zu Hause ein paar ausgewählte Blumen bekommen, oder etwas anderes, was Sie sich für die Familie ausgedacht haben und ihnen Freude bereitet? Auch wenn es buchstäblich ein paar frische Erdbeeren sind!</p> <p>In dieser verzweifelten Situation kann man nur für den Augenblick so etwas wie eine kleine Linderung und Erholung schaffen.</p> <p>Aber man muss auch offen sein dafür. Ich wäre vielleicht in dieser Situation viel zu aufgeregt, so dass ich die Erdbeere gar nicht wahrgenommen hätte. Und so ist es mir in verschiedenen Notlagen, in die ich selbst hinein gekommen bin, oft auch ergangen. Andere Leute haben sich Mühe gegeben um mir eine kleine Freude zu machen, aber ich habe es gar nicht wahrgenommen. Ich war so in meinem leidvollen Gefängnis eingesperrt und vertieft, dass ich die Erquickung überhaupt nicht annehmen konnte.</p> <p>Auch das Wahrnehmen muss man lernen.</p> <p>Beides brauchen wir in diesen Tagen:</p> <p>Von Ihnen wird erwartet, dass Sie offen sind für diese und jene „kleine Erdbeere“ und von Ihren Freunden wird erwartet, dass sie diese „kleinen Erdbeeren“ Ihnen anbieten.</p> <p>Auf diese Weise hilft man sich in solchen Notlagen gegenseitig.</p> <p>Genau deshalb ist diese Geschichte seit 2500 Jahren bekannt und wird immer weiter erzählt. In Augenblicken höchster Not kann sie uns helfen, damit wir im Leid nicht untergehen, sondern wissen, wie man damit umgehen kann.</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Die Geschichte des Buddha hat uns gezeigt, dass wenn wir die Dinge selbst nicht ändern können, dann müssen wir uns verändern.</p> <p>Zu diesem „uns selbst verändern“ in dieser Katastrophe gehört, dass wir unseren Widerstand dagegen aufgeben und uns in das Unvermeidliche fügen. Nur so gewinnen wir unsere Kräfte zurück um in diesem Leben weiter zu machen.</p> <p>Die gebräuchliche universale Formel in den Trauerfeiern heißt deshalb so oder ähnlich:</p> <p>Wir sind nun aufgefordert unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen.</p> <p>Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während Sie das bei sich selbst bedenken und beschließen, werde ich dem Verstorbenen einen Text aus den Gedichten von Erich Fried widmen:</p> <p><em>Was weh tut</em></p> <p><em>Wenn ich dich</em><br /><em>verliere</em><br /><em>was tut mir dann weh?</em></p> <p><em>Nicht der Kopf</em><br /><em>nicht der Körper</em><br /><em>nicht die Arme</em><br /><em>und nicht die Beine</em></p> <p><em>Sie sind müde</em><br /><em>aber sie tun nicht weh</em><br /><em>oder nicht ärger</em><br /><em>als das eine Bein immer weh tut</em></p> <p><em>Das Atmen tut nicht weh</em><br /><em>Es ist etwas beengt</em><br /><em>aber weniger</em><br /><em>als von einer Erkältung</em></p> <p><em>Der Rücken tut nicht weh</em><br /><em>auch nicht der Magen</em><br /><em>Die Nieren tun nicht weh</em><br /><em>und auch nicht das Herz</em></p> <p><em>Warum</em><br /><em>ertrage ich es</em><br /><em>dann nicht</em><br /><em>dich zu verlieren?</em></p> <p> Nachdem wir unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn – wenn auch nur für kurze Zeit - unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p> <strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 00:38</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 22:38:41 +0000 admin 28 at https://www.elohim.io Balzac https://www.elohim.io/index.php/content/balzac <span class="field field--name-title field--type-string field--label-hidden">Balzac</span> <div class="clearfix text-formatted field field--name-body field--type-text-with-summary field--label-hidden field__item"><p>Liebe Frau NN,</p> <p>liebe Angehörigen und Freunde</p> <p>der Verstorbenen NN</p> <p>Unsere Trauerfeier bedeutet, dass wir ein festes Datum setzen wollen, an dem wir gemeinsam von dem Verstorbenen Abschied genommen haben.</p> <p>Es kann nicht sein, dass ein Mensch einfach weg ist und nie wieder zurück kommt. Darüber muss man nachdenken. Darüber muss man reden.</p> <p>Und schließlich hat Oscar Wilde schon vor vielen Jahren aufgeschrieben, was immer noch Grundlage auch der heutigen Trauerfeier ist:</p> <p>„Etwas, worüber man nicht redet, ist gar nicht geschehen. Erst das Wort gibt den Dingen Realität!“</p> <p>Deshalb müssen wir reden. Reden über Leben und Tod. Reden über den Verstorbenen. Reden über Erinnerung und schließlich reden über den Abschied.</p> <p>Ich möchte diesem Abschied einen Text des großen französischen Dichters Honore` de Balzac voranstellen:</p> <p>Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich.</p> <p>Wir haben zur Vorbereitung für diese Trauerfeier bei Ihnen zu Hause zusammengesessen und über den Verstorbenen gesprochen.</p> <p>Sie haben mich an dem Schatz Ihrer Erinnerungen teilhaben lassen und ich hatte den unbestimmten Eindruck, dass es wirklich ein großer Schatz ist.</p> <p>Diesen Schatz der Erinnerungen werden wir gleich etwas näher besprechen.</p> <p>Doch zunächst ist es wichtig, dass wir diese Wahrheit, die Balzac hier ausspricht, etwas näher untersuchen und uns mit der Erinnerung allgemein beschäftigen.</p> <p>Erstaunt werden Sie fragen: Wieso muss man sich damit beschäftigen, was Erinnerungen sind? Das wissen wir doch alle und wir alle haben viele Erinnerungen allgemeiner Art und natürlich auch viele spezielle Erinnerungen an den Verstorbenen.</p> <p>Aber so einfach ist das nicht. Erinnerungen haben nämlich ganz eigenartige Merkmale:</p> <p>- Das, was wir jeden Tag erleben, ist unendlich viel, dass wir überhaupt nicht in der Lage sind, alle Einzelheiten in unseren Erinnerungen aufzubewahren.</p> <p>Ein Beispiel:</p> <p>Jeder Tag hat 86 400 Sekunden und insgesamt 1440 Minuten. In jeder Sekunde erleben wir etwas und in jeder Minute passiert etwas in unserem Leben. Das können wir nicht alles behalten und erinnern. Wenn Sie schon mal etwa 5 Minuten an der Bushaltestelle gewartet haben, dann haben Sie ein Gefühl dafür, wie lang 5 Minuten sein können.</p> <p>Erinnerungen und Vergessen gehören zusammen, sie sind nicht zu trennen. Das eine ist nur möglich, weil es das andere gibt. Ohne die Gnade des Vergessens kann es keinen Trost des Erinnerns geben.</p> <p>- Aber weil wir gar nicht alles behalten können, deshalb wählen wir aus, was wir aus bestimmten Gründen – die wir selbst bestimmen - behalten können und wollen.</p> <p>Daraus ergibt sich, dass Erinnern immer auswählen ist.</p> <p>Wenn wir uns also an einen verstorbenen Menschen erinnern, dann erinnern wir das, was wir lange vorher schon für erinnernswert gehalten haben und deshalb auch abgespeichert haben. Wir haben ausgewählt. Unsere Erinnerung ist das Produkt unserer Auswahl.</p> <p>Und was wir nicht erinnern wollten, ist und bleibt vergessen.</p> <p>Menschen, die z.B. viel Tragisches erlebt haben, vergessen das meiste, damit sie weiterleben können. Andere Menschen, die z.B. unendlich viel gearbeitet haben, vergessen auch davon sehr viel. Das erste schmerzt in der Erinnerung und das zweite langweilt. Klar, das viel vergessen werden muss.</p> <p>- Nun stellt sich die spannende Frage, welche Maßstäbe benutzen wir für unsere Auswahl?</p> <p>Da gibt es drei verschiedene Maßstäbe:</p> <p>1. Wenn wir den Menschen geliebt und gemocht haben, dann werden wir das auswählen, was uns zu einer bleibenden schönen und süßen Erinnerung werden kann.</p> <p>Wir versetzen uns in die schönen Tage mit dem Verstorbenen zurück und langsam steigt in uns ein warmes Gefühl der Dankbarkeit auf.</p> <p>2. Wenn wir ein eher kritisches und streitiges Verhältnis zu dem Verstorbenen gehabt haben, werden wir ganz automatisch diese kritischen und vielleicht auch streitigen Erlebnisse mit ihm erinnern.</p> <p>Nicht umsonst heißt es in einem Sprichwort: Ich habe viele Fehler, wenn Du wenig Liebe hast!</p> <p>3. Und wenn wir ein eher neutrales nachbarschaftliches Verhältnis miteinander hatten, dann werden uns die kritischen und streitigen Aspekte wenig interessieren, genauso wenig, wie die schönen liebevollen und süßen Aspekte. Und wenn in der Trauerfeier der eine oder andere Aspekt zu stark hervorgehoben wird, langweilt uns das und wir werden ärgerlich.</p> <p>In solchem Falle werden wir ganz neutral daran erinnern, z.B. „das hat er gut gemacht“ und „in dieser Sache hier lag er voll daneben“.</p> <p>Wir sind eben neutral.</p> <p>Wir erinnern also nicht das, was alles wirklich war, sondern das, was wir erinnern möchten. Das haben wir aus dem unüberschaubaren Paket des gelebten Lebens für uns herausgezogen.</p> <p>Daraus entsteht der Streit um die Erinnerung. Der eine sieht das so und der andere ganz anders, weil sie nach bestimmten inneren Vorgaben sich dieses oder jenes herausgesucht haben.</p> <p>Der Kybernetiker Heinz von Foerster sagte: Jede Beobachtung setzt einen Beobachter voraus!“</p> <p>Und so wird es uns auch hier und jetzt in dieser Trauerfeier gehen. Jeder erinnert etwas anderes, nämlich das, was wir erinnern wollen. Und das ist gut so.</p> <p> - Aber es gibt noch etwas ganz wichtiges zu bedenken:</p> <p> Mit dieser Methode, dass wir unsere Erinnerungen ausgewählt haben, hat uns die Natur eine mächtige Waffe in die Hand gegeben, um Schmerz und Leid wirksam in uns zu bekämpfen.</p> <p>Wir benötigen diese ganze Reihe von abenteuerlichen Vorstellungen über das Jenseits, die Zeit nach dem Tode (falls es sie überhaupt geben sollte), ein ewiges Leben, usw. nicht. Wir erinnern uns einfach. Und wenn wir Sehnsucht nach dem Verstorbenen haben, erinnern wir uns.</p> <p>Die Erinnerung wird von uns selbst so gestaltet, wie wir sie brauchen. Diese mächtige Freiheit besiegt jeden Tod.</p> <p>Balzac hat das alles auf den Punkt gebracht:</p> <p>- Wir vergessen, was uns nicht gefallen hat,</p> <p>- und wir behalten, was uns unser Leben schöner macht.</p> <p>Erinnerungen sind das Fundament unserer Zukunft. Wir müssen unsere Erinnerungen so rekonstruieren, dass sie uns in unserer Zukunft helfen.</p> <p>Und ich bin der Meinung, im Leben des N.N. gibt es ganz viele Erinnerungen, die Ihr kommendes Leben ohne den Verstorbenen immer helfend und schön machen können.</p> <p>Von denen wollen wir jetzt einige miteinander besprechen:</p> <p>(Es folgt der Lebenslauf des Verstorbenen mit den biografischen Daten (dem Gedächtnis) gemischt mit den Erinnerungen (den subjektiven Einfärbungen).</p> <p><strong>Abschied</strong></p> <p>Zum Schluss müssen wir auch noch über das Schwerste reden, nämlich darüber, dass wir uns entscheiden, unseren Frieden mit dem Leben und Tod des Verstorbenen zu machen. Eine Alternative dazu gibt es nicht.</p> <p>Während Sie das bei sich selbst bedenken und beschließen, werde ich dem Verstorbenen einen Text aus meinen Unterlagen widmen:</p> <div><em>Das Gute</em><br /><em>Fliegt jetzt davon</em><br /><em>Dorthin</em><br /><em>Wo alles</em><br /><em>Nicht immer</em><br /><em>In die Vergangenheit fällt</em><br /><em>Sondern täglich</em><br /><em>Auf- und niedergeht</em><br /><em>Wie die Sonne</em></div> <p> </p> <p>Nachdem wir nun unseren letzten gemeinsamen Weg mit dem Verstorbenen gegangen sind, betten wir nun</p> <p>NN, geboren am XXX und gestorben am XXX zu seiner letzten Ruhe.</p> <p>Wir wollen nicht klagen, weil wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn – wenn auch nur für kurze Zeit - unter uns hatten.</p> <p>Wir wollen ihn nun mit Blumen und Erde zudecken, damit niemand seine Ruhe stört.</p> <p><strong>Ruhe in Frieden</strong></p> <p>© Uwe Peters</p> </div> <span class="field field--name-uid field--type-entity-reference field--label-hidden"><span>admin</span></span> <span class="field field--name-created field--type-created field--label-hidden">Do., 01.10.2015 - 00:28</span> <div class="field field--name-field-field-trauerreden field--type-entity-reference field--label-above"> <div class="field__label">Trauerreden</div> <div class="field__item"><a href="/index.php/trauerreden/12-trauerreden" hreflang="de">12 Trauerreden</a></div> </div> Wed, 30 Sep 2015 22:28:40 +0000 admin 27 at https://www.elohim.io