Herbert Franke

 Name  Franke  sample image  
 Vorname  Herbert  
 Geboren    
     
 Geboren  10.11.1928  
 Gestorben  06.05.2005  
     
 Ort  Bremerhaven  
 Friedhof  Weserstrasse + Alt-Wulsdorf  
 Datum  11.05.2005  
     
 Redner  FREIER REDNER: Uwe Peters  
 Bestatter  Bestattungsinstitut Koop  
 Homepage    

 

Liebe Frau Franke,
liebe Angehörigen und Freunde des verstorbenen

Herbert Franke

Immer wieder werden wir aufgerufen Abschied zu nehmen.
Dieser Abschied jedoch ist endgültig und erfordert deshalb auch eine Würdigung des von uns gegangenen Menschen.

Teil 1: Hilfe für die Hinterbliebenen

Als ich mich gestern Abend auf diese Trauerfeier vorbereitete, kam ich an einen meiner Texte, der mir passend für diese Trauerfeier zu sein schien und der etwas von unserer Alltagswirklichkeit widerspiegelt:

„Wenn die Sonne deines Lebens für immer untergegangen ist, kannst du dich im Winter deiner Einsamkeit an jenem Feuer wärmen, das durch das Holz deiner Erinnerungen, welches die Sonne hat wachsen lassen, in dir dauerhaft brennt.

Vergiss es nicht, du musst nachlegen.“
Uwe Peters, 25.01.2005

In den allermeisten Trauerfällen war der verstorbene Mensch in der Erinnerung der Hinterbliebenen die große Sonne ihres Lebens, die nun plötzlich durch den Tod für immer untergegangen war.

Ein uralter Film: „Cabarett“ mit Liza Minelli spielt im Berlin der Anfang 30er Jahre. Eine Szene hat sich tief bei mir eingebrannt. Der Sänger auf der Bühne besingt die Schönheit seiner Freundin. Er schildert ihre Eigenschaften: sie ist so groß, so stark, so weich und sanft, sie hat tiefe dunkle Augen und so weiche Lippen, sie ist so gemütvoll und kuschelig...
Immer wieder zeigt er auf sie und fragt die rhetorische Frage: „Ist sie nicht wunderbar, Ihr müsst sie mit meinen Augen sehen?!“

- Das ist ein gewaltiger geistiger und kultureller Entwicklungsschritt, dass Menschen den Mut finden, den anderen mit den „eigenen Augen zu sehen.“

- Die Religionen wollen den anderen mit den Augen Gottes sehen. Dann muss es eine Auferstehung geben und am Ende muss es auch das Endgericht Gottes am Jüngsten Tag geben. Dann muss es eine Wertung geben, ob der verstorbene Mensch gut oder weniger gut war.

- Ebenso geht es vielen anderen Menschen, welche den verstorbenen Menschen mit den Augen einer angenommenen Allgemeinheit sehen wollen. Dann kommen solche Formulierungen: Nur für die Familie da, überall beliebt, sehr arbeitsam und einfach ein guter Mensch.

- Wir wollen den Verstorbene mit unseren Augen sehen. -

...Dann schwenkt die Kamera auf dieses bewunderte und bezaubernde Wesen und zeigt ein - Gorillaweibchen. Ist sie nicht wunderbar? Ihr müsst sie mit meinen Augen sehen!

Genauso wie unsere Sonne. Unsere Wissenschaftler haben herausgefunden, dass unsere Sonne die allerbeste Sonne für unsere Erde ist. Es soll Millionen andere Sonnen im Weltall geben, aber nur unsere Sonne hat uns gewärmt und alles um uns herum zum Wachsen, Blühen und schließlich zur Frucht reifen lassen.

Inzwischen bewundere ich die Hinterbliebenen, die ganz stolz und mutig behaupten, unser Verstorbener war der beste Mensch der Welt.

Unsere Sonne ist die allerbeste für uns. Herbert Franke war die Sonne Ihres Lebens.

Aber was machen wir im Winter?

Unser Text rät uns, dass wir dann das Holz der Erinnerung zusammentragen und durch unsere Liebe zu dem verstorbenen Menschen anzünden. Die Sonne hat im Sommer unseres Lebens unendlich viel Holz wachsen lassen. Wir haben viel mehr Erinnerungen, als wir im Winter unserer Einsamkeit überhaupt verarbeiten und verheizen können.

Wir müssen es jedoch aufbereiten, d.h. wir müssen es ofenfertig machen. Wir müssen es noch einmal hervorholen, klein sägen, spalten und in ofenfertige Portionen herrichten um es dann mit dem Feuer der Liebe anzuzünden.

Das erfordert Mühe und Arbeit. Aber darin liegt unsere Chance. Sie müssen in Zukunft nicht frieren, weil die Sonne Ihres Lebens, Herbert Franke, verstorben ist.

Den Lauf der Sonne können wir nicht beeinflussen, Ihre Sonne ist für Sie untergegangen, aber das Feuer der Sonne können wir dennoch brennend für uns erhalten. Dazu müssen wir nur ein wenig Obacht geben, dass das Feuer niemals ausgeht. Das liegt in unserer Hand.

Wenn wir oberflächlich, faul und träge sind, geht es bald aus. Wenn wir jedoch immer neues Holz nachlegen, können wir das wärmende Feuer lebendig erhalten. Die Sonne unseres Lebens hat mächtige Holzvorräte wachsen lassen.

Ob uns dieses Feuer wärmt, liegt deshalb ganz in unserer Hand. Niemand, kein Tod, kein Schicksal, keine fremden Mächte und Umstände können dieses Feuer auslöschen.

Teil 2: Würdigung des Verstorbenen

Wir wollen nun gemeinsam das Leben des Verstorbenen würdigen. Dabei muss klar sein, dass wir die Fülle seines Lebens (den ganzen Wald) nicht ausschöpfen können und ganz viel ungesagt bleiben muss.

Die einmalige und unwiederholbare Geschichte des Verstorbenen begann am 10.11.1928 in Liegnitz/Schlesien. An diesem längst vergangenen Tag tat dort

Herbert Franke

seinen ersten Schrei.

Mit seinen älteren Geschwistern Gustav und Hertha wuchs er dort zunächst auch auf.

Gustav ist in Breslau vermisst und Hertha ist auch schon verstorben.

Er konnte nur 6 Jahre zur Schule gehen, weil dann der zweite Weltkrieg ausbrach.

Dennoch konnte er eine Lehre zum Papierkaufmann anfangen. Ein Kollege hieß auch Herbert und da haben sie dann den zweiten Herbert, unseren Verstorbenen, einfach zum Fritz gemacht.

Aber auch hier konnte er seine Lehre nicht zu Ende bringen, weil die Wehrmacht ihn holte. Er musste Schützengräben ausheben und wurde noch nach Frankreich geschickt, um die Alliierten zu stoppen. Nach etwa 3 Wochen war der Krieg für ihn zu Ende. Sein nagelneues Gewehr, aus dem er nicht einen Schuss abgegeben hatte, zerkloppten die Sieger und er kam in Gefangenschaft.

Doch bald wurde der junge Bengel entlassen und er kam nach Coburg. Mit einem Kollegen organisierte er sich einen Handwagen und stellte sich am Bahnhof auf als „Fuhrunternehmer.“

Von Coburg ging er dann nach Nürnberg um sich dort irgendwie durchzuschlagen.

Endlich bekam er vom Suchdienst des DRK Informationen über seine Familie. Sein Vater war im Mulsum bei der Flak Soldat gewesen und dann gleich hier geblieben. Die Mutter und Hertha waren auch hierher gekommen. Herbert kam als der Letzte der versprengten Familie hier an.

Der Vater begann schon 1946 mit dem Bau einer Unterkunft am Rübenberge 18. Das war zuerst nur eine primitive Baracke, in der ganz viele Fischkistenbretter verarbeitet worden waren. Es war städtisches Land und als die Stadt es Anfang der 60er Jahre zum Verkauf freigab, haben die Eheleute sofort zugegriffen. Inzwischen war aus der Baracke schon ein ansehnliches Haus geworden. Sein letzter großer Stolz war der wunderschöne Wintergarten mit freier Sicht auf das ganze Gartengelände. Die Familie erinnert sich an „die ewige Baustelle“.

Er bekam nur eine Zuzugsgenehmigung, wenn er in der Landwirtschaft oder in der Fischerei arbeiten würde. Er entschied sich für die Fischerei und fing bei FISCH INS LAND im Fischereihafen mit der Arbeit an.

Bei Fisch ins Land machte er eine Ausbildung zum Räucherer und hatte nun endlich doch einen Ausbildungsberuf erlernt.

Am 24.März 1951 haben der Verstorbene und seine nun um ihn trauernde Ehefrau Luise, geb. Willms in Bremerhaven ihren Bund für ein langes gemeinsames Leben geschlossen, den dieser Tod nun für immer geschieden hat.

Den Eheleuten sind die nun um den Vater trauernden Kinder Sybille (12.1951), Magrit (1955), Rainer (1960) und Jürgen (1962) geboren.

Der Verstorbene hatte nach seiner Ausbildung zur Fischverarbeitung HERTRAM gewechselt. Dort arbeitete auch die junge, wunderschöne und attraktive Luise Willms.

Die hat ihm sehr gefallen. Und wenn sie nach Feierabend zur Fähre musste, konnte sie sicher sein, dass der dünne und magere Herbert Franke mit seinem Rad irgendwo an der Ecke stand und auf sie wartete.

Von Hertram, von wo er sich seine Luise geholt hatte, ging er zurück zu Fisch ins Land.

Anfang der 60er wechselte er zu LEVIN und dann zu STRENZ.

Die Räucherei Strenz hat ihm sehr gefallen. Und der alte Herr Strenz  würde bald aufgeben.  Aber der alte Herr Strenz dachte gar nicht daran, dem Hallodri Herbert Franke den Betrieb zu übergeben.

Also machte sich der Verstorbene in Halle V, in den Räumen des alten Betriebes WINTER, im Jahr 1968 mit einer Räucherei selbständig.

Im Jahr 1969 gelang es einem Vermittler und Freund, dem Herrn Stockfisch, Herrn Strenz doch davon zu überzeugen, dass Herbert Franke der richtige Pächter für die Räucherei ist. Im Dezember 1969 endlich konnte er seinen Traum wahr machen und die Räucherei Strenz übernehmen.

Später konnte der Verstorbene sie dann auch käuflich erwerben.

Mit einem Mitarbeiter fing er damals an und heute zählt der Betrieb inklusive der mitarbeitenden Familienangehörigen wohl um die 18 Beschäftigten. Bis ins vorige Jahr hinein war der Verstorbene noch in seinem Lebenswerk aktiv.

Er hat viel Glück im Leben gehabt. Er wollte Glück haben und ließ sich niemals unterkriegen. Ein Lebenskünstler sei er gewesen, so haben Sie mir gesagt.

Und die Kunst des Lebens wird ganz besonders und alles überragend daran deutlich, dass er seine Krankheit überwand, die damit begann, dass er nicht ins Glas gespuckt hat.

Daraus entwickelte sich dann aber eine stärkere Suchtabhängigkeit. Er selbst hat darunter sehr gelitten und seine Familie ebenso. Doch dann fand er Ende der 70er Jahre mit der Hilfe von dem verstorbenen Dr. Engeln den generellen Absprung. Bis zu seinem Tod blieb er konsequent abstinent. Das alleine ist die allergrößte Lebenskunst und Lebensleistung, die er vollbracht hat.

Im Jahr seiner Heilung fand er auch zu Werder Bremen.  Als Junge hatte er Fußball gespielt.  Aber dann in der Nachkriegszeit spielte er Hallenhandball, weil er sich die Fußballschuhe nicht leisten konnte. Bei Fisch ins Land spielte er in der Mannschaft aktiv mit.

Doch 1979 brach bei ihm das Werder-Fieber aus. Er wurde Mitglied im Verein, besorgte sich eine Dauerkarte und jedes Wochenende, an dem gespielt wurde, war für ihn Werder-Zeit. Er litt ganz fürchterlich, wenn seine Mannschaft verlor oder im Abstieg begriffen war und wenn sie siegten oder auch aufstiegen, feierte er mit Begeisterung und ließ sich die Feiern auch etwas kosten.

Er fuhr mit nach Jerusalem, Brügge, Minsk, Prag, Istanbul, Mailand, Lissabon und zu anderen Auswärtsspielen.

Jeder Pokal, jede Meisterschaft wurde auch im Betrieb gefeiert.

Aber auch die Vereine in Bremerhaven, die sich um den Jugendfußball kümmerten, fanden seine Begeisterung und Zuwendungen, angefangen von Süßigkeiten über Sachleistungen bis hin zu Geldspenden. „Die Alten haben genug“ meinte er, „man muss die Jungen unterstützen.“

Sich selbst gegenüber war er sehr sparsam, aber wenn er jungen Menschen helfen konnte, tat er das schnell und gerne.

Die Kinder und Jugendlichen waren ihm sein ein und alles. Das fing bei seinen eigenen Kindern an, setzte sich über die Enkelkinder fort und endete noch lange nicht bei den Kindern und Jugendlichen in den Vereinen.

Wie haben Sie mir gesagt: „Wo Opa war, da leuchtete es!“
Aber in unserem Gespräch habe ich mir auch Oma sehr genau angesehen. Auch ihre lustig-listige Art hat mir das Herz ganz warm gemacht.

Und ich denke auch, dass hinter einem großen Mann immer – ohne Ausnahme – eine ganz große Frau steht. Seine Erfolge sind auch ihre Erfolge.

Bis November 2004 war er noch jeden Tag im Geschäft. Doch dann ging das nicht mehr.

Er war gefallen und hatte sich unglücklich auf den Rücken gelegt. Lunge und Herz nahmen das zum Anlass, Probleme zu machen.

Er kam ins Krankenhaus und wurde nach gewisser Zeit nach Bremen, in die St. Jürgen Klinik verlegt. Unterwegs meinte er noch: „Kinder, lasst mich gehen. Ihr bringt mich von einem Knast in den anderen, und das auch noch ohne Zeug.“
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Auch ein glückhaftes Leben macht am Ende den Menschen müde. Er war müde geworden und wollte nun nicht mehr.

Am 06.05.2005 tat ihm sein starkes Herz den großen Gefallen und hörte für immer auf zu schlagen.

Er ist dort, wo es kein Leid mehr gibt.

Teil 3: Abschied

Es ist Zeit, Abschied zu nehmen.

Dazu ist es notwendig, dass Sie Ihren Frieden mit dem Verstorbenen und seinem Tod machen.

Während Sie das bei sich selbst entscheiden, werde ich dem Verstorbenen ein letztes Vaterunser widmen. Ich benutze dazu den Text aus dem Matthäusevangelium:

Unser Vater in dem Himmel.
Dein Name werde geheiligt.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe auf Erden
wie im Himmel.

Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schulden
wie wir unseren Schuldigern vergeben.

Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Übel;
denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit, in Ewigkeit, amen.

Wir verabschieden uns hier in der Kapelle von dem Verstorbenen, weil er sofort anschließend auf dem Alt-Wulsdorfer Friedhof beigesetzt werden soll und der eine oder andere sicherlich dorthin nicht mitkommen kann.

Herbert Franke ist am 10.11.1928 geboren und am 06.05.2005 für immer von uns gegangen.

Dietrich Bonhoeffer sagt:

„Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude.“

Ruhe in Frieden.

verstorbene